Love As A Weapon / Liebe im Zweiten.

Fiktives Vinyl: Zeitenwende – Iss den Kadaver, solange er warm ist © Kai von Kröcher, 2008/2022

 

Fühlt sich nicht danach an, aber alles wird gut. +++ Gestatten Sie mir eine Frage persönlicher Natur: Warum interessiert es Sie, was ich von Princess Chelsea halte? +++ Ist doch egal, eigentlich. +++ Ehrlich gesagt, habe ich nicht mal zu Karl May eine Meinung, ich habe ihn nie gelesen. Aber ich will Ihnen mal eine Geschichte erzählen, die hat mit der Sache allerdings nichts zu tun. +++ Die Band heute ist relativ frisch, ihr Name lässt es erahnen: Wie man auf einen so ekelerregenden Albumtitel aber kommt, das bleibt mir ein Rätsel. +++ Als Kind nämlich, und dazu muss man vielleicht wissen, das war mir als Steppke aber nicht klar: Einer der größten, wenn auch dem breiten Publikum weitgehend unbekannt – einer der großen Söhne meiner Geburtsstadt nämlich ist Friedrich Gerstäcker, ein Abenteuerschriftsteller, dessen eine Tochter, Marie, später einen Onkel Ricarda Huchs heiraten sollte – was Sie vermutlich gar nicht gewusst haben. Meine Großmutter jedenfalls hatte mir einmal Bücher von Gerstäcker geschenkt. Seine Romane trugen so Titel wie Die Regulatoren in Arkansas, aber so richtig überspringen hatte der Funke damals nicht wollen. +++ Hatte ich die Geschichte mit Roy Black auf der Funkausstellung damals eigentlich schon zu Ende erzählt? Die läuft ja zurzeit gerade, die IFA (Internationale Funkausstellung Berlin/Anm.d.Red.). Scheint heute zu enden, falls Sie noch hingehen möchten: Genau genommen aber ging es doch eher um Rex Gildo auf der ITB damals, wenn ich nicht irre. +++ Okay. +++ Gerstäcker jedenfalls hatte ich nie gelesen, und die Bücher von damals, die habe ich heute natürlich nicht mehr. Und als ich das letzte Mal in meiner Geburtsstadt war und mit dem Auto so herumfuhr, da dachte ich: Mal schauen, was der alte Gerstäcker so macht. In den südlichen Outskirts von Braunschweig nämlich gibt es ein sehr schönes Schlösschen mit dem englischen Namen Schloss Richmond. Englische Aussprache, weil nach Richmond Park an der Themse benannt. Lange Rede, kurzer Sinn: Ein sehr schönes Schloss, und in den Nebengebäuden zu meiner Zeit war ein Gerstäcker-Museum beheimatet, in dem ich nie war – als Angry Young Man interessiert man sich für so etwas nicht. +++ Jetzt wollen wir langsam die Kurve hier kriegen, ich will heute meine Webseite nämlich mal ausmisten. +++ Als ich also eines der letzten Male oder so in der Löwenstadt war und mit dem Auto umherfuhr. Da bin ich da hin, die Wolfenbütteler Straße entlang. An der Wolters-Brauerei vorbei, die mächtige Eisenbahnunterführung durch. Dann die faschistische Müllerschule, so was gibt es tatsächlich. Und kurz dann vorm Stadtrand das wirklich sehr schöne Schloss Richmond – der perfekte Cliffhänger, wenn man so will!

 

Überschrift inspired by: Love As A Weapon © Little Scream, 2016

Überschrift also inspired by: Mit dem Zweiten sieht man besser (Slogan) © ZDF/Agentur Serviceplan, 1999

Überschrift also inspired by: Liebe in Zeiten © Erdal Bronko, 2022

Lyrics: Der letzte Song (Alles wird gut) © Kummer feat. Fred Rabe, 2021

Fitzcarraldo (mit Klaus Kinki, Claudia Cardinale) © Werner Herzog (Drehbuch/Regie/Produktion), D 1982

I Love My Boyfriend © Princess Chelsea, 2018

Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul), dt. Schriftsteller

Friedrich Wilhelm Christian Gerstäcker (* 10. Mai 1816 in Hamburg; † 31. Mai 1872 in Braunschweig), dt. Schriftsteller

Fiesta Mexicana © Rex Gildo, 1972

Du bist nicht allein © Roy Black, 1965

IFA | Internationale Funkausstellung | Messegelände unter dem Funkturm | Berlin | 2. – 6. September 2022

Fachschule für die Aufstiegsfortbildung von staatlich geprüften Technikern für Müllereiverfahrenstechnik und Mühlenbau, Braunschweig

Prince Charming / I Love My Boyfriend.

Fiktives Vinyl: Erdal Bronko – Liebe in Zeiten © Kai von Kröcher, 2021/2022

 

You go to store on Fridays, you go to church on Sundays. +++ Um es kurz zu machen: die Mutter da letztens im Bus (Ihr seid solche Fucker berichtete). Erstens, live miterlebt war die Geschichte wesentlich aufwühlender. Und zweitens, da wollen wir schon bei der Wahrheit bleiben. Zweitens hatte die Mutter dem Kind mitnichten Coca-Cola zu trinken gegeben, sondern die Hipp Anfangsmilch unter den koffeinhaltigen Erfrischungsgetränken sozusagen – Coca-Cola Zero nämlich. +++ Witziger wird die Geschichte jetzt aber trotzdem nicht. +++ Okay. +++ Ich habe mich gestern viel durch Princess Charming gehört, und schlauer bin ich noch immer nicht draus geworden. +++ Da lobe ich mir doch Künstler wie Erdal Bronko: Sein Album Liebe in Zeiten ist da wesentlich positionierter, rein von der Optik her. +++ Was mich aber am meisten erstaunt: Zwei ihrer Songs (Princess Charming/Anm.d.Red.) kannte ich schon aus dem Radio. Und ich wusste sofort, dass ich da irgendwas daran gemocht hatte. +++ Vielleicht bin ich ein Schizo, das wäre ja immerhin möglich. +++ Zu dem Cover (oben) noch ein paar Hintergrund-Informationen: Das Teststübchen da auf dem Bild liegt an unserer Strecke morgens zur Kita. Auf der B-Route, sozusagen. Knapp tausendfünfhundert Schritte hin, tausendfünfhundert Schritte zurück, der SUV bleibt zu Haus.

 

Überschrift inspired by: Prince Charming © Adam and the Ants, 1981

Überschrift also inspired by: I Love My Boyfriend © Princess Chelsea, 2018

Lyrics: Nutbush City Limits © Ike & Tina Turner, 1973

Turbinendefekt / No Church On Sunday.

Fiktives Vinyl: Bürkner – Besuch bei der Domina © Kai von Kröcher, 2006/2022

 

Last night I saw my parents, thought they had disowned me – they bought me dinner from McDonald’s because it’s my favorite. +++ Waren Sie schon einmal ratlos? Vorhin im Internet stieß ich auf die neuseeländische Sängerin Princess Chelsea, ich weiß nicht, ob Sie die kennen. Ratlos bin ich in dem Sinne, ob das nun einfach genial ist – oder vollkommener Mist. +++ Ebenfalls aus dem Internet, dort findet man viel: Edeka jedenfalls verkauft ab sofort keine Cola mehr, heißt es da – keine Coke. +++ Mögen Sie Bürkner? +++ Neulich, vor einigen Wochen, an einem sonnigen Sonntag wie heute. Manchmal lässt man sich halt einfach so treiben, und so saß ich nachmittags plötzlich in einem Linienbus im Süden Berlins. +++ Lichterfelde-Süd nach Mariendorf, ist aber eigentlich egal. +++ Jedenfalls sitze ich da, und spannender wird die Geschichte jetzt nicht mehr werden. Ich sitze da so auf einem Sitzplatz und schau aus dem Fenster. Eine Familie steigt ein – Vadder, Mutter und zwei Kids. Russen oder Ukrainer, denke ich so – das einzige ungefähr, was ich auf Russisch verstehe, ist это книга und хлеб. Wie gesagt, die Story ist ziemlich lahm: Der Vater mit dem einen Kind sitzt auf ’ner Sitzbank und stiert auf sein Handy. Um währenddessen das andere Kind, ein Mädchen, etwa zwei Jahre, in einem Buggy. Um das Mädchen bei Laune zu halten, setzt seine Mutter ihm eine Halbliter-PET-Flasche Coca-Cola an den Hals, die nuckelt es aus auf ex. +++ Apropos: Das Coverfoto heute wurde aufgenommen in einer Ortschaft an der Algarve, die heißt Odiáxere.

 

Überschrift inspired by: Nord Stream 1 – wurde im November 2011 in Betrieb genommen und verläuft von Выборг nach Lubmin bei Greifswald

Überschrift also inspired by/Lyrics: No Church On Sunday © Princess Chelsea, 2014

Odiáxere: Gemeinde im Kreis von Lagos im Distrikt Faro (Portugal)

Not Dark Yet / Hinter Kohlenpottkulissen.

Fiktives Vinyl: Irm Karma – Hart für Grzimek © Kai von Kröcher, 2013/2022

 

Beim Anblick der Infrastruktur und der verkniffenen deutschen Gesichter fühlte er sich sofort zu Hause. +++ Sicherlich eine der verstörendsten Platten der vergangenen Wochen: Irm Karma mit ihrem Debüt Hart für Grzimek, da machen wir uns mal nichts vor. +++ Draußen kläfft ein Hund. +++ Die Abende, oder besser gesagt – die Tage: Die Tage werden jetzt wieder kürzer. Im Moment trete auch ich etwas kürzer, da mit einer veritablen Männergrippe gesegnet. Aber essen will der Mensch trotzdem, und so ging es im Schongang gestern zum DelikatessNettoMarkendiscount, versteckt an der Urbanstraße gelegen. „Erst das Essen, dann die Doppelmoral“, wie es bei DJ Doppelmoral neulich so trefflich bemerkt. Auf dem Rückweg setzte ich mich kurz auf die Parkbank da oben am Wrangelbrunnen. Und plötzlich – niemand kann heute noch sagen, woher – plötzlich schoss mir der alte Klaus Lage mit seinem Titelsong aus einem Schimanski-Film über die Lippen. Mein ganz privater Krimi, ein hartnäckiger Ohrwurm – und da hatten Irm Karma endlich den passenden Albumtitel. +++ Ursprünglich hatte die Scheibe heißen sollen „halbtrocken“, aber was soll das sein? +++ Gesellschaftskritik, Kritik an denen da oben? Patrick Lindner, und dass die Grünen, die stets uns den Moselwein predigen. Dass die ihre Kinder dann aber doch mit dem SUV in die Schule fahren? +++ School’s out 4 ever. +++ Das Textzitat (oben) übrigens stammt aus dem Roman Becks letzter Sommer von Benedict Wells – ausgelesen habe ich den jetzt die Tage, da ich sterbend darniederlag. Ein gutes Buch für Menschen mit Affinität zur Musik und zum Leben. Für Lehrer – und für A&Rs natürlich aus Reihen der Industrie. Für Bob-Dylan-Fans und seine Hasser. Ein paar Mal, und das bleibt unter uns: ein paarmal habe ich ohne Quatsch Tränen gelacht. +++ Genau: Irm Karma sind eine Band, die kann man sich merken – warum ich kein Porsche-Grün für die Schrift eingesetzt habe?!

 

Überschrift inspired by: Not Dark Yet © Bob Dylan, 1997

Überschrift also inspired by: Faust auf Faust © Klaus Lage Band, 1985

Textauszug aus: Becks letzter Sommer (Roman) © Benedict Wells, 2008 (Diogenes)

Erst das Essen, dann die Doppelmoral © DJ Doppelmoral, 2022

Zahn um Zahn (Schimanski-Kinofilm mit Götz George) © Hajo Gies (Regie)/WDR, D 1985

Bernhard Klemens Maria Hofbauer Pius Grzimek (* 24. April 1909 in Neiße, Oberschlesien; † 13. März 1987 in Frankfurt am Main), dt. Tiermediziner, Zoologe, Verhaltensforscher, Tierschützer, Tierfilmer

School’s Out © Alice Cooper, 1972

Look Beck in Tanger / Greetings from Dog Heaven.

Fiktives Vinyl: Frühling in Pasadena – Seelenstriptease © Kai von Kröcher, 2014/2022

 

Every word her siren’s sung: believe in no one. +++ Bevor ich heute nun wieder nur hirnrissigen Unfug erzähle, mit Hitler und so, da belasse ich es einfach (oben) beim Schallplattencover! +++ Und gehe mal draußen spazieren. +++ Um den Kanal morgens ist es besonders schön. +++ Sagt Ihnen zufälligerweise der Name Rauli Kantas etwas, beziehungsweise – haben Sie ihn je einmal spielen gehört? +++ Letztens träumte ich von der Frau mit dem Hund. Die kennen Sie ja: Die, die auf der Admiralbrücke manchmal die jungen Leute anschnauzt, sie sollen gefälligst verschwinden. Wie ich seit längerer Zeit weiß, hat die Frau mit dem Hund auch einen Vornamen – und vor knapp dreißig Jahren hatte sie tatsächlich auch einen Hund. Damals schon wurde sie zusehends immer merkwürdiger, rannte den ganzen Tag mit dem Tier um den Hafen. Jemand erzählte, sie habe ihr Kurzzeitgedächtnis verloren, das schien mir plausibel. Dem Hund tat das nicht gut, diese ewige Rumrennerei. Er wirkte zunehmend verwahrloster und verfilzt. Ausgezehrt bis auf die Knochen – und eines Tages war er dann nicht mehr da. +++ Okay. +++ Die Frau mit dem Hund hat, das sollten Sie vielleicht wissen – verschiedene Aggregatzustände, könnte man sagen: Normale Konstitution, wenn sie irgendwo an der Hausecke steht und dich freundlich grüßt. Vor ominösen Glasscherben warnt, die angeblich da irgendwo liegen. Alles im grünen Bereich. Unheimlich wird sie mir, wenn sie einfach nur in der Ecke herumsteht, wie eine Verfolgte sich die ganze Zeit umsieht und dir im Wahn Blicke zuwirft. +++ Wozu erzähl‘ ich das alles? +++ In ihren lichten Momenten aber hat sie Humor, einen guten Humor. Dunkel erinnere ich mich, da war draußen die ganze Straße mit den Lastkraftwagen einer Filmproduktion zugeparkt. Auch wieder schon Jahre her – ich glaube sogar, ein Tatort mit Meret Becker. Und überall in den Hausfluren hingen Zettel, man danke für das Verständnis und so. Und die Frau mit dem Hund steht draußen und feixt sich einen – und dann sagt sie etwas, ich kriege das nicht mehr zusammen. Aber sehr lustig: Irgendetwas so von wegen, wahrscheinlich drehen die eh nur schwarzweiß. +++ Und neulich jedenfalls habe ich von ihr geträumt: Ich sollte ihr die Steuererklärung machen. +++ Ich. +++ Die Steuererklärung. +++ Der Frau mit dem Hund. +++ Ich kriegte da kalte Füße, ich sagte: „Was soll ich der Frau mit dem Hund ihre Steuererklärung machen – ich habe das für mich selber ja nie auf die Reihe gekriegt!“

 

Überschrift inspired by: Becks letzter Sommer (Roman) © Benedict Wells, 2008 (Diogenes)

Überschrift also inspired by: Look Back in Anger © David Bowie, 1979

Überschrift also inspired by: Greetings from Dog Heaven © Rauli Kantas, 2022

Lyrics: Silver Moon © David Sylvian, 1986

Meret Becker (* 15. Januar 1969 in Bremen), dt. Schauspielerin

Rathauscafé Brandl / kik macht dein Leben schöner.

Fiktives Vinyl: Ильюшин Ил-62 – Marmor + Kohlenstoff © Kai von Kröcher, 2006/2022

 

Some words rush, oh, like jets in the sky. +++ Etwas bedrückend vielleicht, die Plattenhülle gestern mit dem alten Chinesen. +++ Ich habe mal auf der Karte geschaut, wo in den Bergen genau mein Sohn sich gerade bewegt. Auf einem Bauernhof mit Tieren lebt er zurzeit im oberösterreichischen Alpenvorland, das finde ich grenzwertig. Die Tiere nämlich, wenn ich es richtig verstanden habe – die dürfen sich frei bewegen, mit Auslauf und so. +++ Gar nicht weit in der Nachbarschaft übrigens findet sich, das wird Otto nichts sagen. Anfang des Jahres hatte es dort gerade einen Betreiberwechsel gegeben. Der Schriftsteller Thomas Bernhard nämlich las, als er noch lebte – da hat er gerne in Gmunden im Café Brandl gesessen und Zeitung gelesen. +++ Das Plattencover heute, das ist ja schon eine Spur fröhlicher. Obwohl es einen tragischen Hintergrund hat: Erinnern Sie sich an den 14. August 1972? Ich frage mich allerdings, was eine Band überhaupt zu einem solchen Namen bewegt – eine infantile Lust am Schockieren vielleicht?! +++ Was mir selber übrigens gar nicht klar war, weil man ja immer so sagt, Hitler sei Österreicher gewesen: Braunau am Inn – das liegt auch ganz in der Nähe von meinem Sohn, auf der Karte zumindest! Braunau am Inn nämlich liegt nicht etwa mitten in Kärnten irgendwo hinter einer Jodelhütte versteckt. Braunau am Inn liegt, der Name sagt es ja schon – Braunau liegt am Inn, und zwar direkt an der Grenze zu Bayern! +++ Im Alter von drei Jahren ist Hitler mit seinen Eltern dann eh schon nach Passau gezogen. +++ Während ich immer geglaubt hatte, die Gaby Zenker aus der Lindenstraße sei aus Passau – dabei kommt sie aus Salzburg und ihr richtiger Name ist Spatzek, Andrea.

 

 

Überschrift inspired by: Rathauscafé Brandl | Rathausplatz 1 | 4810 Gmunden

Überschrift also inspired by: kik macht dein Leben schöner (Radio-Werbung) © kik, 2022

Lyrics: Rusty Nails © Moderat, 2009

Nicolaas Thomas Bernhard (* 9. Februar 1931 in Heerlen, Niederlande; † 12. Februar 1989 in Gmunden in Oberösterreich), österreichischer Schriftsteller

Adolf Hitler (* 20. April 1889 in Braunau am Inn; † 30. April 1945 in Berlin), dt. Politiker österreichischer Herkunft

Lindenstraße: erste dt. Seifenoper, begründet von Hans W. Geißendörfer © WDR, 1985 – 2020

Zur Sache, Schätzchen / Prima Primaten aus Lima.

Fiktives Vinyl: Der alte Chinese – Melancholische Melodien (Vol. 1) © Kai von Kröcher, 2021/2022

 

What’s that floating in the water, Ol‘ Neptuna’s only daughter. +++ Ein bisschen Getier hatten wir natürlich gesehen: Gleich vorne die Elefanten – mein Sohn fand die Hühner wesentlich interessanter. Im Pandabereich dudelten chinesische Weisen vom Band. Das chinesische Tonsystem basiert auf starken Einflüssen indischer und mesopotamischer Herkunft, man kam sich vor wie beim Chinesen. Ich erzählte Otto die Sache mit West-Berlin, dass West-Berlin berühmt war für seine Pandas. Bao Bao – und wie hieß der andere Ganove? Die jedenfalls sollten damals endlich für Nachwuchs sorgen: Die Springer-Presse setzte sie unter Druck – eines Tages, klar, war die Leidenschaft nicht mehr da. Sowieso eher träge Kollegen. Beeindruckender war da schon der Tiger, der lässig in einer Runde durchs Wasser sein überschaubares Reich absteckte. +++ Das auf dem Cover heute, das war ja auch so eine Art Wahrzeichen West-Berlins: Heizkraftwerk Wilmersdorf, nicht wenige werden sentimental werden bei seinem Anblick. +++ Gestern brachte ich meinen Sohn zum Zug, er ist mit der Mama in die Berge. Auf dem Rückweg, am Bahnhof Zoo, geriet ich in Massen von Hertha- und Dortmund-Fans. Spontan drängte ich mich mit ihnen in die proppenvolle S-Bahn zum Olympiastadion, ich war ja schon ewig nicht mehr beim Fußball. Wunderte mich, wie entspannt die Stimmung hier war. Blauweiße und gelbe Fantrikots bunt durcheinander gemischt: ein freundliches Gefrotzel hier, ein bisschen Gefachsimpel dort – die meisten Dortmund-Fans kamen wahrscheinlich eh aus Berlin. +++ Im Zoologischen Garten jedenfalls, machen wir es kurz: Viele Gehege schienen mir leer, als seien die Tiere im Urlaub. Als das angekündigte Gewitter sich ankündigte, gingen Otto und ich ins Zoo-Restaurant, holten uns zwei Teller Nudeln und setzten uns draußen unter den großen Schirm. Anderthalb Stunden lauschten wir beinah alleine dem Sommerregen – wie im Urwald kam man sich vor, regelrecht großartig. +++ Am Olympiastadion angekommen, gab es da keine Ticketschalter mehr. Und weil ich zu blöd war – ich kokettiere ja gerne mit meiner Blödheit. Weil ich zu blöd war, mir online ein Ticket zu holen, hörte ich mir das Spiel einfach von draußen an. Ich tigerte lässig ums Stadion und lauschte den Gesängen von drinnen. Irgendwer fragte mich nach dem Spielstand, ich sagte: „Ich tippe mal null zu null, aber keine Ahnung.“ +++ Vielleicht sollte ich nicht immer mehrere Geschichten parallel erleben/erzählen, beim nächsten Wolkenbruch jedenfalls retteten Otto und ich uns ins Affenhaus, da verfiel man der Schwermut: Die Käfige im Achtzigerjahre-Jugendzentrum-Design und ausgeleuchtet wie in der Lindenstraße, die Schimpansen viel größer, als ich sie aus der Trigema-Werbung in Erinnerung hatte. Lethargisch saßen sie da – mit ausdruckslosem Gesicht ließ der eine seine Lebensgeschichte Revue passieren: Man konnte die Verzweiflung förmlich spüren, dass man ihm seine Schreibmaschine weggenommen – als endlich der Himmel aufklarte, machten wir uns auf den Heimweg.

 

Überschrift inspired by: Bao Bao (宝宝, chinesisch für „Schätzchen“ – * 1978 in China; † 22. August 2012 in Berlin), ältester weltweit in einem zoologischen Garten lebender Großer Pandabär (Ailuropoda melanoleuca)

Überschrift also inspired by: Zur Sache, Schätzchen (Filmkomödie mit Uschi Glas, Werner Enke) © May Spils (Regie), Werner Enke (Drebuch), BRD 1968

Überschrift also inspired by: Prima Klima © Prima Klima, 1981

Lyrics: Mr. Grieves © Pixies, 1989

Hertha BSC – Borussia Dortmund | Olympiastadion Berlin | 27. August 2022 | 15:30 Uhr | 0:1 (Modeste, 32. Spielminute)

Lindenstraße: erste dt. Seifenoper, begründet von Hans W. Geißendörfer © WDR, 1985 – 2020

Trigema („Trikotwarenfabriken Gebrüder Mayer“), dt. Mischunternehmen im Bereich Textilproduktion (Sport- und Freizeitbekleidung) und Tankstellenvertrieb

 

 

 

Insane in the Membrane / Disneyland After Dark.

Fiktives Vinyl: Tilda – Promiskuität © Kai von Kröcher, 2016/2022

 

I can’t see what these images mean. +++ Ferien sind vorbei, doch die Kita bleibt heute geschlossen. Den Post heute habe ich deshalb, wie sagten wir damals beim Radio? Das ist ja nun beinah auch nicht mehr wahr: Den Post hier habe ich gestern schon „vorproduziert“. +++ Und das kam so: Sporadisch hatte ich am Berliner Kindl-Gewinnspiel teilgenommen, die Regeln waren recht einfach: Ganz viel Bier musste man trinken, in den Kronkorken waren Losnummern versteckt – die musste man online einsenden. +++ Was für ein hammergeiler Song Revolution doch immer noch ist – gerade das Lahme daran haut mich um. +++ Das Buch Unterleuten, und dabei bleibe ich auch: Romana non grata ist das dann ja plötzlich gewesen, weil, Juli Zeh – naja. Ich jedenfalls fand das Buch damals ganz große Klasse – rein so als Leser. +++ Jedenfalls hatte ich Bier getrunken und fleißig Losnummern eingereicht – und eines Tages, da lag dann einfach so eine Mail in meinem Postfach: Unter Millionen von Biertrinkern hatte ich zwei Tagestickets für den Berliner Zoo gewonnen, das freute mich wahnsinnig – und da gehen mein Sohn und ich heute hin! +++ Bier trinken auf Dauer macht übrigens traurig, das sollten Sie nie aus den Augen verlieren!

 

Überschrift inspired by: Insane in the Brain © Cyprus Hill, 1993

Überschrift also inspired by: No Fuel Left for the Pilgrims © D.A.D., 1989

Lyrics: Revolution © The Cult, 1985

Berliner Kindl Jubiläums Pilsner

Unter Leuten / Recovering the Satellites.

Fiktives Vinyl: Pratty Belinda – Über Leichen © Kai von Kröcher, 2014/2022

 

If you think you might come to California, I think you should. +++ So langsam schon setzt die Wehmut ein, mein Sohn ist kein Kind mehr. Heute früh, kurz vor dem Wetterbericht – ich goß mir gerade den frischgemahlenen Bohnenkaffee auf. Da sagte mein Sohn: „Hört sich ja an wie Dekker!“ Erst wusste ich nicht, was er meint. Dann sah ich, dass er vorm Radio stand: „Stimmt“, sagte ich – klang wirklich wie Dekker. Und trotzdem war es Nick Mulvey, ein Gründungsmitglied des Londoner Portico Quartets – von dem ich noch nie was gehört hatte. +++ Der Albumtitel heute – mein Sohn würde sagen, der könnte von Juli Zeh sein. Oder von August Sander, was allerdings Quatsch ist. +++ Eigentlich hatte ich heute an dieser Stelle eine interessante Neuerscheinung von Tilda vorstellen wollen, ihr Debütalbum namens Promiskuität: Ich finde es deshalb so interessant, das Cover nämlich zeigt einen Ausschnitt des Gewerbegebiets der ostfälischen Ortschaft Vechelde. Möglicherweise zu Recht werden Sie fragen, geht es in Vechelde denn wirklich so zügellos zu – wie soll ich das jetzt beantworten?

 

Überschrift inspired by: Unterleuten (Gesellschaftsroman) © Juli Zeh, 2016

Überschrift inspired by: Recovering the Satellites © Counting Crows, 1996

Lyrics: A Long December © Counting Crows, 1996

Pretty Belinda © Chris Andrews, 1969

This Here Island © Dekker, 2019

Brother to You © Nick Mulvey, 2021

August Sander (* 17. November 1876 in Herdorf; † 20. April 1964 in Köln), dt. Fotograf

Promiskuität © Tilda, 2022

 

 

Wovon Spinnen träumen / Diese ewige Dankbarkeit.

Fiktives Vinyl: Dienstwagen Affäre – Diese ewige Dankbarkeit © Kai von Kröcher, 2013/2022

 

Santa Maria – Insel, die aus Träumen geboren. +++ Wahrscheinlich ist es Ihnen nie aufgefallen, doch der Japanische Schnurbaum scheint mir hier in der Stadt äußerst verbreitet. Und dabei hatten Otto und ich ihn neulich das allererste Mal erst bewusst bewundert. Im Schlossgarten von Charlottenburg: „Was für ein schöner Baum!“ +++ Mit meiner Botanik-App kamen wir dem Phänomen bald auf die Spur – direkt vor unserem Haus stehen zwei große Exemplare, an denen waren wir zuvor achtlos vorbeigerannt. Wenn sie ihre hellgrüne Blüte verlieren und rundherum auf dem Boden verstreuen – großartig sieht das aus! +++ Das natürliche Verbreitungsgebiet laut Wikipedia beschränkt sich allerdings auf den asiatischen Raum: Japan, Korea, China. Man nennt ihn auch Honigbaum, ja – und giftig soll er sein. Tödlich zumindest für Frosch, Eidechse, weiße Maus. Allerdings sollten auch wir uns das Samenmehl nur ganz vorsichtig zu Gemüte führen: Könnte zu Gesichts-Ödemen mit Todesfolge führen. +++ Für meinen Geschmack etwas too much, sorry!

 

Überschrift inspired by: Klassik Radio mit Thomas Ohrner, vorgestern früh

Überschrift also inspired by: Diese ewige Dankbarkeit © Dienstwagen Affäre, 2022

Lyrics: Santa Maria © Roland Kaiser, 1980 (Oliver-Onions-Cover)

Geliebte weiße Maus (DEFA-Spielfilm der „Gruppe 60“, mit u.a. Rolf Herricht) © Gottfried Kolditz (Regie, Drehbuch), DDR 1964