Südbalkon / Amadeus, Amadeus.

Marzahn-Springpfuhl © Kai von Kröcher, 2019

Gonna get me a little oblivion, baby. +++ „Der Künstler formally not known begibt sich in bürgerliches Umfeld und kommt darin um.“ +++ Mal ganz ohne Quatsch: Kinderwagen Walks ist doch sicher wieder kein richtiges Englisch, das kam mir doch gleich so verdächtig vor. +++ Von daher die gleiche Ansicht heute noch einmal – bloß ohne den Kinderwagen: Mit Photoshop lässt sich der nämlich „kinderleicht“ rausretouchieren, den Unterschied werden Sie gar nicht bemerken! +++ Okay, Marzahn ist jetzt vielleicht nicht wirklich bürgerlich, aber, obwohl: Mein Patenkind zum Beispiel wohnt auch in Marzahn, was immer ich damit belegen will. Sie wohnt dort im Ortsteil Biesdorf, und was Sie vielleicht bisher nicht wussten: Biesdorf gemeinsam mit Kaulsdorf und Mahlsdorf bildet die immerhin größte zusammenhängende Ein- und Zweifamilienhaus-Siedlung der BRD! +++ Ein- und Zweifamilienhaus-Siedlungen stehe ich ambivalent gegenüber, wie man so schön sagt. In Ein- und Zweifamilienhaus-Siedlungen herumzulaufen und zu fotografieren, liebe ich auf der einen Seite wie mein eigenes, elendes Leben. Andererseits aber kann ich die Unmengen an Ein- und Zweifamilienhaus-Siedlungen in der zeitgenössischen Fotografie längst nicht mehr sehen, da überkommt mich sogleich eine bleierne Müdigkeit. +++ Auf meiner Webseite habe ich auch ein Bild zu dem Thema veröffentlicht, und zwar bei den Triptychonscha: https://kaivonkroecher.de/startseite/uncategorized/triptychen-2018

Überschrift inspired by: Südbalkon (Roman) © Isabella Straub, 2013

Überschrift also inspired by: Rock Me Amadeus © Falco, 1985

Lyrics: Perfect Blue Buildings © Counting Crows, 1993

Ghost in the Machine / Little Man, What Now.

Kinderwagen Walks (Marzahn-Springpfuhl) © Kai von Kröcher, 2019

 

Ach, auch Kinder gehen vorbei, sie gehören uns nur eine kurze Zeit – sechs Jahre? Zehn Jahre? Alles ist Alleinsein. +++ „Der Künstler formally not known kratzt an Oberflächen, kämpft gegen Verhaltensmuster.“ +++ Das Foto entstand am Weltfrauentag neulich, da zeigte ich Otto kurz mal Marzahn. +++ Die Überschrift allerdings hat damit gar nichts zu tun, die gehörte zu einem Posts, den ich am Ende dann gar nicht geschrieben hab – keine Ahnung, worum es da gehen sollte.

Überschrift inspired by: Ghost in the Machine © The Police, 1981

Überschrift also inspired by/Textauszug: Kleiner Mann, was nun? (Gesellschaftsroman) © Hans Fallada, 1932

Burning Love / Head full of Bagger.

Wie von Picasso: Hahnchenhaus, Ecke Prinzenstraße © Kai von Kröcher, 2019

When I look up to the skies I see your eyes a funny kind of yellow. +++ Seit einer Weile habe ich morgens nach dem Aufwachen immer einen Bagger im Kopf. Einen, der sich auf der Straße im ersten Gang nähert. Er transportiert so eine Art großes Abwasserrohr, das ist mit einer schweren Kette um sein Baggerdings da oben gekettet. Und man denkt, das Geräusch hebt an, und gleich müsste er da sein – aber er tritt auf der Stelle. +++ Den ersten Song von Elvis Presley, den ich bewusst wahrgenommen habe, das war Burning Love, der war gut. +++ Was ich da über Picasso gesagt habe, ich meinte das nur so vom Feeling her: die Leute bei uns auf dem Land damals, das waren weiß Gott keine Kenner. Und Internet gab es noch nicht. Von Picasso aber hatte jeder gehört, wie auch zum Beispiel von Elvis Presley: der wiederum konnte so gut singen – der fuhr sogar einen vergoldeten Cadillac! +++ Und Picasso himself konnte halt total gut malen, in etwa so gut, wie Pelé eben Fußball spielte. +++ Und das mit dem Bagger im Kopf, das wurde dann irgendwann etwas verwirrend: Seit einer Weile nämlich graben „sie“ wieder unter meinem Fenster an der Kanalisation. Und sie haben exakt das gleiche Baggermodell wie ich in meinem Kopf. Und das ist jetzt immer ein bisschen verrückt – weil ich weiß dann ja nicht, ob die da unten jetzt schon angefangen haben zu arbeiten, oder ob in meinem Schädel nur wieder das Blut rauscht. +++ Und Peter Orloff oder sein Texter: die schrieben dann eben ein Lied auf ein Mädchen – das muss so unglaublich schön gewesen sein, nur der beste Maler der Welt hätte sie malen können, nämlich Picasso…

Überschrift inspired by: Burning Love © Elvis Presley, 1972

Überschrift also inspired by: Head Full of Honey (Remake) © Til Schweiger, USA 2018

Lyrics: Pictures of Matchstick Men © Status Quo, 1968

Du bist wie ein Bild von Picasso © Peter Orloff, 1969

Behind the Frame / Du bist wie ein Bild von Picasso.

Moschee, Skalitzer Straße © Kai von Kröcher, 2019

A church house gin house, school house outhouse on Highway Number Nineteen. +++ „Mit unvoreingenommenem Blick stellt der Künstler formally known as der Künstler not known den Menschen in seinen Fokus.“ +++ Apropos: Wie stehen Sie persönlich eigentlich dazu, so am Sonntag oder am Wochenende im Allgemeinen? Sollte ein fünf Monate alter Säugling mit sanftem pädagogischen Druck – sollte der da am Wochenende dazu gebracht werden, spanische Vokabeln zu büffeln? +++ Im Internet bin ich vorhin auf eine B-Seite von Peter Orloff gestoßen, die kannte ich gar nicht. Um ehrlich zu sein, ich hatte auch von der A-Seite, von Baby Dadamda nämlich, noch nie was gehört. Man kann nicht wirklich behaupten, ich sei ein Experte in Peter-Orloff-Fragen. Die B-Seite übrigens heißt Du bist wie ein Bild von Picasso, und ich frage mich selbstverständlich, was könnte damit gemeint sein. Leider ist die Platte bei Youtube gesperrt, auch ist der Text nirgendwo abgedruckt. +++ Ich kann mich erinnern, als ich ein kleines Kind war: So, wie die Leute – in welchem Zusammenhang damals auch immer. Wie ehrfürchtig die Leute von Picasso seinerzeit sprachen, ich habe immer gedacht: ‚Boah, der muss aber echt gut malen können!‘ +++ Apropos, wie finden Sie das Foto hier heute eigentlich da oben? Ich habe ein bisschen an den Reglern herumgespielt, das ist offensichtlich. So, wie Tame Impala das bei ihren Aufnahmesessions anscheinend auch immer machen. In Farbe sähe das in etwa so albern aus wie die Fototapete einer Shisha-Bar, naja, in Neukölln. Aber ein tolles Bild: die Moschee am Kottbusser Tor – gesehen, Sie wissen es, aus einem dritten Hinterhof heraus auf der Oranienstraße. +++ Könnte das wohl als Kompliment gemeint sein, dass einer so aussieht wie ein Picasso? +++ Den ersten Teil der Überschrift heute hatte ich mir gestern übrigens ausgedacht, ich kann nicht mal mehr sagen, warum: Behind the Frame – heute dann stolperte ich über den fragwürdigen Picasso, wo ich doch eigentlich nach Reinhard Mey gesucht hatte. Die Wege des Herrn sind unergründlich – und ganz am Ende stellt sich im Internet plötzlich heraus, es gibt tatsächlich einen Song Behind the Frame, und zwar von der Gruppe VOJD, die ich nicht kennen möchte.

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Überschrift inspired by: Behind the Frame © VOJD, 2017

Überschrift also inspired by: Du bist wie ein Bild von Picasso © Peter Orloff, 1969

Lyrics: Nutbush City Limits © Ike & Tina Turner, 1973

Let It Happen © Tame Impala, 2015

Gorky Park, Highland Park, Böcklerpark / From Langley Park to Memphis.

Böcklerpark © Kai von Kröcher, 2019
Leipziger Straße © Kai von Kröcher, 2019
Krausenstraße © Kai von Kröcher, 2019

Darlin‘, come quickly / Come, ease my worried mind / For my prayers have not been a-answered in a long time. +++ Der Typ mit der Playlist im Rewe Stadtmitte macht einen guten Job. +++ „Der Künstler Blablabla in seiner Zweidimensionalität spürt Grenzen auf und lässt sie verschwimmen: Kim Jong-un ist sein Mentor.“ +++ Gestern ließ Otto beiläufig sein erstes Wort fallen – genau genommen waren es zwei: „Frank Thorogood“, sagte er leise.

Überschrift inspired by: Gorky Park (mit William Hurt u.a.) © Michael Apted (Regie), USA 1983

Überschrift also inspired by: Highland Park | Kirkwall, Mainland | nördlichste Whisky-Destillerie Schottlands

Überschrift also inspired by: Böcklerpark, Berlin-Kreuzberg – benannt nach dem ersten DGB-Vorsitzenden, Hans Böckler

Überschrift also inspired by: From Langley Park to Memphis © Prefab Sprout, 1988

Lyrics: Just Around the Corner © Cock Robin, 1987

Realität und Kakophonie / Life’s what you make it.

The Colour of Spring © Kai von Kröcher, 2019

But you’ll never see the end of the road while you’re traveling with me. +++ „Der Künstler Blablabla selbst versteht sich als eine Art Mark Hollis der Fotografie – bloß ohne die frühen Hits.“ +++ Das Internationale Congress Centrum am Messegelände also, ein fotografisches Experiment: Das Bild trägt viel von der Einsamkeit junger Architektur in sich, gesellschaftliche Kälte im Allgemeinen. Nicht zuletzt auch den Hinweis auf globale Zusammenhänge, ebenso kulturell-kommerzielle Desillusion. +++ Auf dem oberen Bild (links) bei den Kinderwagen Walks gestern, da sieht man im Hintergrund eine alte Frau über die Straße gehen. Sobald sie das holprige Pflaster überquert haben wird, aber das sieht man natürlich nicht. Sobald sie über die Straße ist, wird sie an der Ecke stehenbleiben und zu mir herüber winken. Irritiert fragte ich mich: ‚Was will die denn?‘ Da erst erkannte ich die Zeitungsfrau von der Admiralbrücke, die sich bei Wind und Wetter da immer die Rente aufbessert. Quer über die Kreuzung rief sie mir „eine scheene Taak“ zu. Ihr größter Feind dürfte der Onlinejournalismus sein – ab und zu kaufe ich ihr eine Ausgabe ab. +++ Gestern, beim Einkauf mit Otto bei Kaiser’s Rewe am Kottbusser Tor lief über den Regalen eine weibliche Version von Don’t Dream It’s Over, die ich nicht kannte. Sagt man das so: „weibliche Version“? Der Typ, der die Playlist bei Rewe zusammenstellt, kennt sich also anscheinend gut aus. +++ Was wollte ich noch sagen? Genau – eine Frage an die Experten: Otto hat einen Hasen mit Spieluhr und einen Bären mit Spieluhr. Der Bär spielt Guten Abend, gut‘ Nacht, das Lied von dem Hasen kenne ich nicht. Ab und zu, manchmal zum Einschlafen, lasse ich beides gleichzeitig „laufen“, das klingt irgendwie „crazy“ – hat aber auch etwas von einer hypnotischen Traumsequenz im Film, mir jedenfalls fallen da immer beinah die Augen zu. +++ Was genau war jetzt die Frage? Ach so: ist das schädlich für Otto, treibt es ihn in den Wahnsinn? Bin ich ein schlechter Vater und Mensch? Oder schult das am Ende gar seine musikalische Sensibilität? +++ Nur ehrlich gemeinte Zuschriften!

Überschrift inspired by: Real to Real Cacophony © Simple Minds, 1979

Überschrift also inspired by: Life’s What You Make It © Talk Talk, 1985

Bildunterschrift: The Colour of Spring © Talk Talk, 1986

Lyrics: Don’t Dream It’s Over © Sixpence None the Richer, 2003 (Cover)

Mark Hollis (* 4. Januar 1955 in Tottenham, London; † 18. oder 25. Februar 2019)

Don’t Dream It’s Over © Crowded House, 1986

Guten Abend, gut‘ Nacht – ein seit Beginn des 19. Jahrhunderts bekanntes Gedicht deutschsprachiger Volkspoesie. Auch als Brahms’ Lullaby bekannt, wurde es zu einem der bekanntesten Schlaflieder.

Walking the Dead / … and then there were Three.

Tempelherrenstraße | Johanniterstraße © Kai von Kröcher, 2019
Hallesches Tor © Kai von Kröcher, 2019
Felix Mendelssohn Bartholdy | Adelbert von Chamisso © Kai von Kröcher, 2019
E.T.A. Hoffmann © Kai von Kröcher, 2019
Schokolade, Vanille, Haselnuss © Kai von Kröcher, 2019

Well, baby how the weeks fade / Baby, was the best part of your youth a sensation. +++ Sicher haben Sie sich manchmal gefragt, was wohl aus dem Bundeskanzler Helmut Kohl geworden sein mag. („Er wird doch nicht etwa …?!“) Dem Kohl geht es gut, nur irgendwann hatte er sich die Angelegenheit mit den Pfüßchen (und so dann letztlich auch das Ding mit dem Lustigen Füßchenspiel mit Otto und seinem Papa). Das hat er sich alles dann ein für alle Mal aus dem Kopf geschlagen – und dem Dicken Walfisch einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter verpasst: „Was ist, Schweinebacke – nimmst Du mich mit runter zum Wolfgangsee?!“ +++ Auf den Friedhöfen vorm Halleschen Tor, da liegt nicht nur mein Freund Adelbert von Chamisso beerdigt – auch Felix, Mendelssohn und Bartholdy wurden hier beigesetzt. Sieht man sich den Grabstein etwas genauer an, waren letztere ingesamt sogar fünf! +++ Gerade hatte ich gestern mein finales Foto geschossen, das Bild mit dem Eismatscher ganz unten. Da tauchte im Augenwinkel auch schon der schlechteste Special-Effects-Mann des Universums mit seinem beschissenen Drecksköter „Katinka“ auf. Wenn er mir jetzt wieder erzählt, dachte ich so: Wenn er mir jetzt wieder diesen uralten Käse erzählt, wie er vor dreihundert Jahren den Itschie-Bob fotografiert hat – den Itschie-Bob, Blondie und die Ramones. Wenn er mir den Scheiß noch einmal erzählt, dann ziehe ich ihm, dachte ich so: dann ziehe ich ihm endlich einmal meinen Fotoapparat über den Schädel!

Überschrift inspired by: Where Are We Now © David Bowie, 2013

Überschrift inspired by: … And Then There Were Three … © Genesis, 1978

Lyrics: Renée © Talk Talk, 1984

Mark Hollis (* 4. Januar 1955 in Tottenham, London; † Februar 2019)

Hideaway / Da steht ein Pferd auf dem Flur.

Fehrbelliner Platz © Kai von Kröcher, 2019
RAW-Gelände © Kai von Kröcher, 2019

Doo, doo, doo, lookin‘ out my back door. +++ Lustigerweise, aber lesen Sie selbst: „Nachdem der Künstler Blablabla seinen systemkritischen Internetpost mit den Rentieren gestern einer misstrauischen Öffentlichkeit vorgestellt hatte, öffnete er seine Wohnungstür und trat hinaus in das Treppenhaus: An seine Türschwelle hatte ein*e Unbekannte*r ein knallrotes Holzschaukelpferdchen in Elchform gestellt.“

Überschrift inspired by: Hideaway © der Itschie-Bob, 1986

Überschrift also inspired by: Da steht ein Pferd auf dem Flur © Klaus & Klaus, 1983

Lyrics: Lookin‘ Out My Back Door © Creedence Clearwater Revival, 1970

Privat-Tier, Click-bait, Rentier / Repetition, Petitition.

Kottbusser Tor: Attraktion für Besucher und Einheimische © Kai von Kröcher, 2019

This is my thankful song for all that has been and gone. +++ „Der Künstler Blablabla zerstückelt die Gegenwart und setzt sie als schadhaftes Abbild der Realität wieder zusammen. Er drückt seinen Ekel damit aus gegenüber Mumford & Sons, der Weinkönigin aus der Pfalz, Donald’s Strumpf.“ +++ Apropos! Beim Kinderwagen Walk gestern fiel mir etwas ein, wie man den „Irren im Weißen Haus“ stoppen kann, wie ich ihn gern scherzhaft nenne: Man könnte sich mal mit ein paar Leuten zusammensetzen, die was mit Computern machen. Und dann eine Petition starten bei Facebook, zum Beispiel, oder was es da an vergleichbaren Netzwerken gibt – damit erreicht man heutzutage die meisten Leute… +++ Hat einer zufällig mal was von Höcki gehört – geht es ihm gut? +++ Gestern, beim Kinderwagen Walk gestern, da habe ich eine Runde auf den Friedhöfen am Halleschen Tor gedreht. Weil ich endlich das Grab von Adelbert von Chamisso finden wollte. Mein Rechtschreibprogramm kennt den nicht mal. Albert Speer, glaube ich, hatte die Friedhöfe damals einebnen wollen, bei der Planung zur Hauptstadt Germania, naja. +++ Jedenfalls, lange Rede, kurzer Sinn. Jedenfalls fiel mir da wieder mal auf: manche Leute früher haben sich die Berufsbezeichnung „Rentier“ einmeißeln lassen, das fand ich ganz witzig. +++ Chamisso habe ich dann auch schnell gefunden: Anscheinend sind sogar seine Kinder (eines zumindest, wie viele hatte er denn?) dort beerdigt. +++ Humor ist auch zum Beispiel in einer Beziehung wichtig. +++ Okay, Sie merken es schon: der Mann hat für heute nichts mehr zu sagen. Einen schönen, sonnigen Sonntag Ihnen allen – und denken Sie über die Petition nach!

Überschrift inspired by: alles und nichts

Lyrics: Love Survive © Michael Nau, 2016

Björn „se Hörn“ Höcke (*1972 in Lünen), dt. Politiker

Adelbert von Chamisso (* 30. Januar 1781 auf Schloss Boncourt bei Ante, Châlons-en-Champagne, Frankreich; † 21. August 1838 in Berlin; ursprünglich Louis Charles Adélaïde de Chamissot de Boncourt) dt. Naturforscher und Dichter frz. Herkunft

Quarantäne / unter Leuten.

Sehnsuchtsort (I) © Kai von Kröcher, 2019
Sehnsuchtsort (II) © Kai von Kröcher, 2019
Sehnsuchtsort (III) © Kai von Kröcher, 2019
Sehnsuchtsort (IV) © Kai von Kröcher, 2019
Sehnsuchtsort (V) © Kai von Kröcher, 2019
Sehnsuchtsort (VI) © Kai von Kröcher, 2019
Sehnsuchtsort (VII) © Kai von Kröcher, 2019

Nerves like nylon, nerves like steel.+++ „Der Künstler Blablabla nimmt den Betrachter mit hinauf in schwindelerregende Höhen: in seinen Arbeiten befreit er vom täglichen Schein des Banalen – dadurch gibt er den Orten die Würde zurück, schafft Begrifflichkeiten der Sehnsucht.“ +++ So ist er, der Schmidt! +++ So, ich habe meine jährliche Männergrippe „genommen“, wie man so sagt. Stehe mehr oder weniger unter Quarantäne, einzig der kleine Otto darf kurz zu Besuch kommen, samt Mutter natürlich. Freue mich über den ausgeknockten Zustand, komplettes Geplättet-Sein. +++ Keine E-Mails, kein Facebook: in nicht mal zwei Tagen und Nächten las ich ein Buch, sechshundertfünfunddreißig Seiten, einen Roman. +++ Nicht mehr ganz brandaktuell, aber egal: ich habe mir beinahe die Finger blutig gelesen: Beklemmend, wahr, nicht vorhersehbar, menschlich, klug, spannend – den eigenen Blick immer wieder infrage stellend. +++ Zwischendurch sprachlich leider oft Ausritte: tantige Floskeln der Frauenliteratur. +++ „Es gibt keine »Frauenliteratur«!!!“ (Reich-Ranicki) +++ Egal, jedenfalls Sätze, wo man sich fragt, warum streicht die nicht einfach mal einer raus, der dafür bezahlt wird: aus einem so wohl durchdachten, philosophischen Werk. +++ Okay, gibt einen Abzug von anderthalb Punkten. +++ Aber dann echt der echte Faux-pas: Das Buch spielt in einem fiktiven Ort in der, wenn ich’s richtig verstanden habe, Ostprignitz, alles penibelst beschrieben. Irgendwann dann aber eine Rückblende zum Kottbusser Tor, zwei der Figuren in einer Situation. Und ausgerechnet an dieser unwichtigsten Stelle wird klar: unsere vielfach ausgezeichnete Autorin hat sich den scheiß U-Bahnhof nicht einmal richtig angeschaut!!! +++ Es gibt keine Türen am Kottbusser Tor, Juli Zeh! +++ 😉 +++ Der U-Bahnhof ist vom Feeling her auch kein „Gebäude“ (das man durch besagte Türen betritt), Kottbusser Tor ist ein Hoch- und ein Untergrundbahnhof, über Treppen und offene Eingänge miteinander verbunden. +++ Das musste mal raus! +++ Trotzdem ein toller Roman – nicht nur bei 39,2° Fieber! +++ Draußen der Vorfrühling in blauesten Farben, Kinder- und Möwengeschrei, Martinshorn: da zieht man am besten die Vorhänge zu und zieht sich zurück in die Schönheit des Januars (oben).

Überschrift inspired by: Guantanamera © Joe Dassin, 1966 (Interpretation)

Überschrift also inspired by: Unterleuten (Roman) © Juli Zeh, 2016

Lyrics: Nerves © Bauhaus, 1980

Christian Schmidt (* 1957 in Obernzenn)