Die besten aller Tage / I Just Wanna Be Your Dog.

Fiktive Postkarten: Gruß aus Berlin (Grand Hotel Viktor Orbán) © Kai von Kröcher, 2024

 

You’d better run, run, run, boy, faster than the past. +++ Vorweg heute zunächst einmal eine Frage an die Community: Sind Ihnen die Bilder hier tendenziell eigentlich eher zu dunkel? Weil, ich habe jetzt nämlich gesehen, die Monitorhelligkeit auf meinem Gerät ist hoch bis zum Anschlag gepitched. Das verunsichert mich gerade ein bisschen, da fehlt mir jegliche Referenz. +++ Weil ich, wie Sie ja wissen, gerne mit meiner Old-School-Mentalität kokettiere – wissen Sie, was ich gestern gemacht habe? Ich bin rüber nach Köpenick, habe in dem Union-Laden dort Tickets gekauft für das Derby der Frauen in der Alten Försterei Ende April: Eisern Union gegen die Alte Dame Hertha. Ottos erstes Mal im Stadion, das wollte ich nicht über das Internet machen. Habe mich freundlich beraten lassen: Mittlere Gegengerade fernab des Ultra-Blocks, Stehplätze Mutter, Papa, Kind für insgesamt faire zehn Euro. +++ Im Anschluss habe ich dann einen verzeihlichen Fehler gemacht, bin spontan mit dem Bus rauf nach Kaulsdorf-Nord. Ich will mir nicht anmaßen, einen objektiven soziokulturellen Einblick mitgenommen zu haben. Was aber auffiel: die meisten Mütter und Väter dort sprachen mit ihren Kindern, als wären es ihre Hunde. +++ Was mir ein guter Freund (und dito spätgebärender Vater) neulich bei einem Pils-Bier als Erziehungsphilosophie mitgab: „Dein Alltag ist ihre Kindheit!“, mutmaßlich auch in Kaulsdorf-Nord. +++ Ottos Lieblingsverein nach Union übrigens Hertha BSC – gefolgt vom unvermeidlichen FC Bayern, dem BTSV Eintracht aus Braunschweig und schließlich dem VfL Wolfsburg.

 

Überschrift inspired by: Die besten aller Tage (Dokumentation) © Annekatrin Hendel (Regie), D 2024

Überschrift also inspired by: I Wanna Be Your Dog © The Stooges, 1969 

Lyrics: Run Run Run © The Libertines, 2023

Under the Möckern Bridge / Der Gandhi der Bundesliga.

Fiktive Postkarten: Alt-Berlin (Molkenmarkt/Nikolaikirche) © Kai von Kröcher, 2024

Fiktive Postkarten: Gruß aus Berlin (Möckernbrücke) © Kai von Kröcher, 2024

Fiktive Postkarten: Biesdorf-Süd © Kai von Kröcher, 2024

 

It’s hard to believe that there’s nobody out there. +++ Aber wahr. +++ Vielleicht bin ich ganz einfach der Gandhi unter den latent Fußballinteressierten. Jedenfalls: ich bin ja immer so tolerant, dass es beinahe schon weh tut. Mein Sohn und ich, letzten Sonnabend sind wir spontan also wieder zur Alten Försterei, natürlich hatten wir gar keine Karten. Wir setzen uns einfach immer nur in den Wald und lauschen der Kulisse. +++ Das auf den Fotos aber sind andere Sachen – ich finde den Bogen hier nicht. +++ An der Bratwurstbude vorm Stadion – im Herzen und vom Verstand her bin ich ja eher der Vegetarier, doch in so einem Setting kann ich einfach nicht anders. Die Würstchenfrau zwinkerte Otto kumpelhaft zu: „Na, biste mit Opa zum Fußball?“ Wir sehen uns dann immer so an, innerlich mit den Augen gerollt. +++ Gegen Ende der zweiten Halbzeit sprachen uns zwei freundliche Jungens an, ob wir für Union seien. „Ja, aber wir haben keine Ahnung, wie es steht.“ „1:0 für Leverkusen“, meinte der eine, erzählte was von Elfmeter. Und dass er ein Foto hat von sich mit Gosens. +++ Nun hörten wir auch die Leverkusener drinnen singen. Der Gandhi in mir gratulierte Bayer 04 vorzeitig zur Deutschen Meisterschaft, von Herzen Xabi Alonso. Obwohl für Union, obwohl Sympathisant des ruhmreichen FC Bayern – das verstehen Sie nicht. Zum Olympiastadion werden Gandhi und Sohn demnächst natürlich dann auch mal…

 

Überschrift inspired by/Lyrics: Under the Bridge © Red Hot Chili Peppers, 1991

Überschrift also inspired by: Mahatma Gandhi (* 2. Oktober 1869 in Porbandar; † 30. Januar 1948 in Neu-Delhi), ind. Rechtsanwalt, Motorradfahrer, Asket und Pazifist

Xabi Alonso (* 25. November 1981 in Tolosa, Baskenland), ehem. span. Fußballnationalspieler und heutiger Trainer bei Bayer 04 Leverkusen

Robin Gosens (* 5. Juli 1994 in Emmerich am Rhein), dt.-niederl. Fußballspieler, zzt. bei Union und ehemals dt. Nationalelf

Bierpinsel / Frühling in Berlin.

Fiktive Postkarte: Gruß aus Berlin (Frühling am Urban) © Kai von Kröcher, 2024

 

But there’s something in the air of which we all will be aware. +++ Wahrscheinlich hatte ich Ihnen schon mal erzählt, das muss eine Weile her sein. Beides, die Geschichte – und dass ich das erzählt habe. Jedenfalls war ich da mal irgendwo unterwegs, wo ich ansonsten nicht ständig unterwegs bin. +++ Zuletzt bin ich mit meinem Sohn öfter nach Steglitz. Otto sagt immer „Steglitz“, meint aber den Spielzeugladen unter dem Autobahnzubringer zu Füßen des Bierpinsels. In dem Fall ist mein Sohn zwar ein Hund, weil er Steglitz sagt, aber den Spielzeugladen meint. Andererseits kann man auch super Deals mit ihm aushandeln. Er sagt also Steglitz und will mich so in den Spielzeugladen lotsen. Ein Hütchenspielertrick, durchaus legitim. Ich sage dann meistens, okay, aber nur gucken. Er sagt dann, ja – und hält sich daran, ohne zu quengeln. +++ Das muss ich ihm hoch anrechnen! +++ Vielleicht sind Sie an Spielwarenläden nicht sonderlich interessiert, aber dieser hier lohnt sich auf seine Art: Man steigt aus aus der U9, in vom Feeling her fünfzig Metern unter dem Meer. Passiert ein Stockwerk darüber den im Weltmeisterjahr ’74 ebenfalls eröffneten, aber seither nie genutzten Geisterbahnsteig der (nie realisierten) Phantomlinie U10. Hat was von Blade Runner, behaupte ich kühn und ohne Belege. Eine weitere Rolltreppe schiebt einen ans Tageslicht, und wenn man den richtigen Ausgang genommen hat, landet man direkt vor der Eingangstür. Der Himmel über einem ist aus Beton, besagter Autobahnzubringer neben dem Bierpinsel von unten. Der Laden selbst – zur Zeit seiner Eröffnung vermutlich einer der größten der Welt. Heute überkommt einen als in den Siebzigern Sozialisierten eine anheimelnde Nostalgie. Alles ist eng und verwinkelt, überquellende Regale. Geheime Treppenaufgänge führen in die nerdige Welt von Märklin, wir stehen mehr so auf Brio. Jetzt habe ich den Faden verloren.

 

Überschrift inspired by: Bierpinsel – 47 Meter hoher 70er-Jahre-Bau (Poparchitektur), Schlossstraße

Überschrift also inspired by: Frühling in Berlin (Episodenfilm mit u.a. Walter Giller, Edith Hancke, Wolfgang Neuss) © Arthur Maria Rabenalt (Regie), D 1957

Lyrics: Teenage Rampage © The Sweet, 1974

Werken Spielen Schenken | Schloßstraße 110b | 12163 Berlin (seit 1973)

U-Bhf. Schlossstraße

Blade Runner (mit Harrison Ford) © Ridley Scott (Regie), USA/HK 1982

Das große Buch der Kinderfragen / Es gibt nun doch nicht nur ein‘ Rudi Völler.

Fiktive Postkarten: Frohe Ostern (Berlin, Landwehrkanal) © Kai von Kröcher, 2024

 

What’s he like, Mavis? – He’s a real tasty geezer. +++ Okay, ich fange mal an mit der ersten Geschichte, die zweite ist aber um Längen besser. +++ Gestern Abend fuhr ich in der U-Bahn nach Hause, ein Stück weiter hinten eine Gruppe recht lauter Ärräbs. Ich weiß, so was sagt man nicht – aber ich hatte schon den Eindruck, sie fühlten sich wohl in ihrer Rolle als laute Ärräbs. +++ Ist ja auch völlig wurscht, vielleicht war eh alles ganz anders. +++ Das Foto habe ich gestern Nachmittag gemacht, aber da sitze ich natürlich noch nicht oben drin in der U-Bahn, weil, die Geschichte spielt ja erst abends, und ich bin auch nicht Hans-Dietrich Genscher. +++ Jedenfalls, Gleisdreieck wollte ich umsteigen, und weil die eine Tür kaputt war, ging ich in Richtung der Ärräbs zur anderen Tür. Da plötzlich hörte ich einen der Ärräbs rufen: „He, Entschuldigung – Rudi Völler! … Hallo, … Rudi Völler!“ Innerlich war ich verdutzt, auch amüsiert – ließ mir aber nichts anmerken: Es gab mal ein Foto von meinem Bruder und mir, wo wir in einem Cabrio fahren. Er sieht da aus wie Jürgen Klinsmann, ich sehe wie Rudi Völler aus. Das fand ich schon seltsam, die zwei sind 1990 ja gemeinsam Weltmeister geworden – und jetzt zusammen im Cabrio auf der Landstraße nach Üfingen. +++ Okay, die Geschichte ist nur halbwitzig und hat einen merkwürdigen Beigeschmack. +++ Wie versprochen ist die zweite Geschichte dafür jetzt der Knaller. Genau genommen ist sie die erste. Außerdem hat sie mit Kindern und Ostern zu tun. Und mit Sexhaben, das kommt eh immer ganz gut. +++ Karfreitag gingen mein fünfjähriger Sohn und ich an der Melanchthon-Kirche vorbei, als gerade die Glocken anfingen zu läuten. Ich meinte, die schlügen wahrscheinlich zum Karfreitagsgebet. Halblaut sinnierte ich, ob Karfreitag eigentlich Christus von den Toten auferstanden sei, Otto aber meinte, das wäre Ostern gewesen. Ich sei da nicht ganz bibelfest, räumte ich ein. Und dass ich da eh nicht mitreden könne, weil ich ja nicht dabei war. „Da war ich noch im Bauch meiner Mutter“, meinte ich sprichwörtlich. An diesem Punkt nahm die Geschichte eine verlegene Wendung: „Wie kommen die Babys eigentlich in den Bauch?“ – nachdenklich blieb mein Sohn stehen und drehte sich zu mir um. Teile der Antwort würden die Bevölkerung verunsichern, dachte ich so: „Ich habe auch keine Ahnung.“ „Hm“, meinte er, „eigentlich wäre das eine Frage für unser Buch (Das große Buch der Kinderfragen/Anm.d.Red.).“ Kurze Pause, dann stellte er fest: „Weisst du, warum das da nicht drin steht? Die wissen das selber nicht!“

 

Überschrift inspired by: Das große Buch der Kinderfragen – Kluge Antworten in Vorlesegeschichten © Petra Maria Schmitt/Christian Dreller/Heike Vogel, 2020

Überschrift also inspired by: Ein Rudi Völler © Klaus & Klaus, 2002

Lyrics: Johnny Reggae © The Piglets, 1971

Paris au Printemps © Public Image Ltd, 1980

Hans-Dietrich Genscher (* 21. März 1927 in Reideburg; † 31. März 2016 in Pech, Gemeinde Wachtberg), dt. Politiker

The Secret Life of Arabia © David Bowie, 1977

Rudi Völler (* 13. April 1960 in Hanau), dt. Fußballspieler, Fußballtrainer und Fußballfunktionär

Thomas de Maizière (* 21. Januar 1954 in Bonn), dt. Politiker, u.a. Bundesminister des Inneren

 

Sechzig – bist du deppert / La vie devant soi.

Fiktive Postkarte: Grüße aus Wilmersdorf © Kai von Kröcher, 2024

 

Der leuchtende Stern über mir ist ein Satellit, das Licht am Horizont ein Containerschiff unten am Hafen. +++ Der H.P. hatte es neulich schon vorgemacht – der Baxxter, Sänger von Scooter. Und vorletzten Sonntagabend schon der Moritz Eisner im Wiener Tatort: Da stürzte er bei seinem runden Geburtstag ordentlich ab und staunte ungläubig (siehe oben) über sich selbst: „Sechzig, bist du deppert!“ Und heute, da stimme auch ich mit ein in den Chor der Sechzigjährigen. Finde ich gar nicht so schlimm. Der Frühling steht vor der Tür (besser als wie der Russe, wie ich gern sage), auch künstlerisch flackert ein Lichtlein am Ende des Tunnels. +++ Das Foto heute stammt von einem Spaziergang letztens an einem Frühlingstag, offenbar mache ich jetzt in Postkarten – tolles Motiv! +++ Bei Oberstleutnant Eisner übrigens hatte der Drehbuchautor natürlich geschummelt – sein Alter Ego, Schauspieler Harald Krassnitzer nämlich, ist Jahrgang ’60 und singt im September dann von Udo Lindenberg vermutlich Wenn ich 64 bin, ein deutsches Beatles-Cover, wo wir pubertierenden Schüler der Orientierungsstufe Vechelde auf Klassenfahrt immer laut im Bus mitgejolt haben, wenn im Text endlich das Wort „bumsen“ kam. +++ Sorry. +++ Wie sinnierte seinerzeit schon der so called deutsche Kleiderschrank also known as des Teufels General? Die Älteren erinnern sich dunkel: „Sechzig Jahre und kein bisschen weise!“ (Sagt heutzutage auch keiner mehr…)

 

Überschrift inspired by: Tatort – Dein Verlust (die 1264. Tatort-Episode – mit Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser) © ORF, AT 2024

Überschrift also inspired by: Madame Rosa (La vie devant soi – mit Simone Signoret) © Moshé Mizrahi (Regie), F 1977

Lyrics: Zuhause angekommen © König Boris, 2024

H.P. Baxxter (* 16. März 1964 in Leer, Ostfriesland), dt. Sänger und Label-Inhaber

Wenn ich 64 bin © Udo Lindenberg & das Panikorchester, 1976 (Beatles-Cover)

Des Teufels General (nach dem Drama von Carl Zuckmayer, mit u.a. Curt Jürgens) © Helmut Käutner (Regie), D 1955

60 Jahre – und kein bisschen weise © Curt Jürgens, 1975

Der Alte / I Dream of Wires.

Fiktive Postkarten: Berlin-Marzahn (Schnauze mit Herz) © Kai von Kröcher, 2024

 

Louie ist im Laden und kauft Blumen, Louie kauft immer die falschen.

 

Überschrift inspired by: Der Alte (dt. Krimiserie) © ZDF, 1977 – heute

Überschrift also inspired by: I Dream of Wires © Robert Palmer, 1980

Lyrics: Gierig © Die Höchste Eisenbahn, 2016

„Überholen ohne einzuholen“ – die Überlegenheit des Sozialismus, Zielvorgabe nach Walter Ulbricht, 1969

Marzahn, mon amour / Don’t get weird on me, Babe.

Fiktive Postkarte: Gruß aus Berlin (Marzahn-Hellersdorf) © Kai von Kröcher, 2024

 

When the rain comes, well, I’ll just let it pour all over me. +++ Strafen Sie mich Lügen, doch wie ich Sie einzuschätzen mir anzumaßen erlaube, werden Sie Ihre Filme vermutlich bei Netflix oder so streamen. Und obwohl ich mich selbst zu den eher abgehängten Anhängern des linearen Fernsehens begreife, hatte ich vor schon einigen Wochen einen seltsamen Traum. Das heißt, an den Traum selbst erinnere ich mich nicht – wer sich erinnert, war nicht dabei. +++ Hier geht es ja ab! +++ Marzahn im Frühling mag übrigens recht angenehm sein; im Eastgate-Einkaufszentrum verlaufe ich mich dennoch wie eh und je. +++ Jedenfalls wachte ich eines Morgens auf und wunderte mich: Ich hatte von diesem jungschen Schauspieler aus dem Vorabendkrimi Der Alte geträumt – und obwohl man mir ja durchaus einiges nachsagen kann, habe ich diese Serie nie leidenschaftlich verfolgt. Leicht verwundert dachte ich also so, wieso denn bloß träume ich von diesem jungschen Schauspieler aus Der Alte?! Ich hatte von dem ja noch nicht einmal jemals den Namen gehört. +++ Und jetzt halten Sie sich fest, jetzt kommt der Knaller – Sie ahnen es schon: Ein paar Tage später fahren mein Sohn und ich, jeder auf seinem Fahrrad – wir radeln zur Kita. Am altehrwürdigen (aber stillgelegten) Baerwaldbad der Fahrtrichtung entgegengesetzt auf dem Bürgersteig, mit Kindern ist das erlaubt. Glaube ich. Und jetzt halten Sie sich wirklich fest, wer kommt uns da ohne Quatsch auf dem Radweg mit einem Kind hinten drauf entgegen? Kriminalkommissar Tom Kupfer natürlich, der in Folge 451 einer Schussverletzung erliegt – aber ist das nicht krass?!

 

Überschrift inspired by: Marzahn, mon amour (Geschichten einer Fußpflegerin) © Katja Oskamp, 2019

Überschrift also inspired by: Don’t Get Weird On Me, Babe © Lloyd Cole, 1991

Lyrics: There For Her © Lloyd Cole, 1991

Der Alte – deutschsprachige Fernsehserie (1977 – heute) im ZDF 

Ludwig Blochberger (* 3. Dezember 1982 in Ost-Berlin), dt. Schauspieler und Schauspieler

Baerwaldbad | Baerwalstraße 64 – 67 | 10961 Berlin | 1898 bis 1901 nach Entwürfen von Ludwig Hoffmann als Volksbad errichtet

Auf Weltniveau / Learning to Crawl.

Fiktive Postkarte: Berlin grüßt die Welt (SEZ Friedrichshain) © Kai von Kröcher, 2024

 

If you said she was damaged I wouldn’t believe ya. +++ Das Sport- und Erholungszentrum als multifunktionaler Gebäudekomplex in seiner Größe seinerzeit war weltweit einzigartig, heißt es: Geschwommen bin ich dort zwar nie, doch in den Nullerjahren irgendwann habe ich häufiger Badminton oder Tischtennis dort gespielt – wer sich erinnert, war nicht dabei. +++ Erinnern dagegen tu ich mich aber noch gut an eine beeindruckende Ausstellung, an der damals auch Cécile Dupaquier teilgenommen hatte: Das SEZ stand zu der Zeit teilweise schon leer, was dem Ganzen ein sinistres Flair verlieh. Andererseits stieß man hier und dort auf verschollene Untote, die in spärlich beleuchteten Gebäudeteilen noch immer obskure Sportarten betrieben. +++ Wie fiktiv kann eine Postkarte sein? Eine Frage, die mich nicht schlafen lässt – passen Sie auf sich auf!

 

Überschrift inspired by: Weltniveau – Begriff, wenn Leistungen der DDR ein dem Westen vergleichbares Niveau hatten oder haben sollten (Wikipedia)

Überschrift also inspired by: Learning to Crawl © The Pretenders, 1984

Lyrics: You Can’t Hurt A Fool © The Pretenders, 2020

Moon Safari / Ich bin zu Hause angekommen.

Kottbusser Tor: Gentlemen Take Polaroids © Otto G., 2024

 

Während ich ihm dicke Späne von den Fersen schabte, erzählte er mir nicht ohne Stolz Schnurren aus seinem Leben. Er hatte nichts gelernt, nie gearbeitet, aber seit Teenagerzeiten gesoffen wie ein Loch. In seiner Plattenbauwohnung hatte er vor sich hin vegetiert und – seit der Weg zum Bett vor lauter Müll unbegehbar geworden war – im Fernsehsessel übernachtet. +++ Ich habe mir eine Marotte zugelegt – sagt man das so? Neuerdings jedenfalls, immer wenn ich auf der Straße von einem Prominenten angesprochen werde – ich tue da jetzt immer so, als käme ich gerade nicht auf dessen Namen. +++ Wir schreiben das Jahr, warten Sie mal: Das Jahr 3747, und niemand erinnert sich noch, dass auch Hanjörg Felmy die Braunschweiger HvF besuchte – und selbst Burkhard Driest! Felmy natürlich nicht den lichtdurchfluteten, leichten 50er-Jahre-Nachkriegsbau der Aufbauzeit, denn Felmy war ja schon vor Kriegsbeginn mit seinen Eltern aus Berlin in die Löwenstadt gezogen und dann so lange auf die Hoffmann-von-Fallersleben-Schule gegangen, bis sie in den Bombennächten des Zweiten Weltkrieges dem Erdboden gleichgemacht worden war. +++ Insgeheim genoss ich es gestern, dass mir die Telekom zur Installation meines neuen Glasfaseranschlusses keinen Geringeren als Marco Rose vorbeischickte. Sehr angenehmer Mann. Als er meine persönlichen Daten in sein Tablett hackte, meinte er: „Oh, dann sind Sie ja auch bald dran!“ Ich kokettierte: „Wieder einmal.“ „Nehmen Sie’s leicht!“, meinte er: „Ich bin gerade im Januar auch sechzig geworden. Habe auf Usedom gefeiert – mit den Kindern und Enkeln.“ Ich hätte nicht vor zu feiern, meinte ich. Und dass er nicht aussehe wie sechzig. Das gebe er gerne zurück, sagte er. +++ Auch Driest war nur kurz in Braunschweig zur Schule gegangen, hatte aber sein (sehr gutes) Abitur auf der HvF gemacht. Der echte Marco Rose übrigens, und das war mir neu: Der echte Marco Rose ist 1976 in Leipzig geboren, hatte zwischenzeitlich sogar bei Lok Leipzig in der Abwehr gespielt. Dass er jetzt bei RB Leipzig auf der Trainerbank sitzt, ist sozusagen eine Art Football’s Coming Home. Schon 1970 in Leipzig kam Katja Oskamp zur Welt, der wir den heutigen Textauszug (oben) zu verdanken haben. +++ Ebenfalls nach Hause gekommen (Berlin) ist am Sonntag übrigens der Döner: Nach Einbruch der Blauen Stunde latschte ich vom Kottbusser Tor Richtung Kottbusser Brücke. Ich kam von Ottos Seepferdchen-Kurs in einer Schwimmhalle in Lichtenberg und fragte mich gerade, ob eigentlich auch die Leute um mich herum in der U-Bahn meinen intensiven Chlorgeruch wahrgenommen hatten. Da kam mir ein Transporter mit riesiger LED-Werbung entgegen: „Heute ab 14 Uhr – Meet & Greet mit Lukas Podolski!“ Direkt neben dem Netto-Markendiscount meines Vertrauens hat Poldi eine Dönerbude aufgemacht, das hatte ich dann wohl verpasst. Poldi sagt (ungefähr), dem Döner müsse (preislich) mehr Wertschätzung entgegengebracht werden, das finde ich grundsätzlich richtig. +++ Am Tage vor Poldis Eröffnung hatte mein Sohn wieder auf einen Ausflug gedrängt, eine Art urbaner Fotosafari: Ich liebe die Begeisterung, mit der er die Welt durch seine Kamera betrachtet. +++ Seit dem vorigen Post ist hier die Schrift irgendwie merkwürdig anders geworden – hat denn da einer dran rumgefummelt?!

 

Überschrift inspired by: Moon Safari © Air, 1998

Überschrift also inspired by: Zuhause angekommen © König Boris, 2024

Bildunterschrift inspired by: Gentlemen Take Polaroids © Japan, 1980

Textauszug aus: Marzahn, mon amour – Geschichten einer Fußpflegerin (Kurzgeschichten) © Katja Oskamp, 2019

Hansjörg Felmy (* 31. Januar 1931 in Berlin; † 24. August 2007 in Eching), dt. Theater- und Filmschauspieler, Synchronsprecher

Burkhard Driest (* 28. April 1939 in Stettin; † 27. Februar 2020 in Berlin), dt. Autor, Schaupieler, Regisseur, Produzent

Marco Rose (* 11. September 1976 in Leipzig), dt. Fußballspieler und -trainer

Three Lions © The Lightning Seeds, 1996

Katja Oskamp (* 20. Februar 1970 in Leipzig), dt. Schriftstellerin, Dramaturgin und Fußpflegerin

Lukas Podolski (* 4. Juni 1985 in Gliwice, Polen), dt.-polnischer Fußballspieler

Das Brot der frühen Jahre / Comme d’habitude.

Caspar David Friedrich: „Stadion an der Alten Försterei in der Wuhlheide“ © Otto G., 2024

 

Der Trick besteht darin, ein Ding so anzusehen, als wäre es kein Ding und als wüsste man nicht, was es ist. +++ Erklären Sie mich für verrückt, aber der Name des ehemaligen Deutsch-Hip-Hop-Rap-Trios Fettes Brot aus der Freien und Hansestadt – ich hatte (wirklich) immer geglaubt, die hätten sich nach irgendwas von dem Böll benannt: Das Brot der fetten Jahre, oder so. Wie bildungsfern man doch immer durchs Leben rennt! +++ Eine interessante Geschichte verbirgt sich auch hinter Life On Mars? – speziell, was die Verbindung zu Frankie-Boys Jahrhundert-Song My Way nämlich betrifft: Hätten Sie das gewusst? (Googeln müssen Sie aber schon selbst!) +++ So weit, so gut. +++ Und was hat das alles mit Fettes Brot zu tun? +++ Aus ungeklärter Quelle sind mir auf der Berlinale neulich folgende News zugespielt worden: In dem Politthriller Arm, aber sexy übernimmt Alec Baldwin die Rolle des Regierenden Klaus. +++ Mein Sohn Otto hatte neulich gefragt, ob ich auf meinem Laptop auch das Lied Zu Hause angekommen spielen könnte, das liefe oft gegen Abend bei radioeins. „Nu gloar, da gugge mör mo“, sagte ich. Zu Fettes Brot hatte ich im Maximalfall immer ein eher so etwas ambivalentes Verhältnis gehabt, den Song von König Boris solo hier fand ich aber selber recht gut. +++ Sie wissen ja, wie ich zu Videoschauen und Kinder stehe, aber das zu der Nummer durfte Otto sich direkt ein paar Mal hintereinander anschauen. Dieser König Boris sieht darin aus wie der uneheliche Bruder der Schauspieler Marek Harloff und Rainer Hunold, der Song selbst erinnert auf sentimentalste Weise an Philadelphia von Bruce Springsteen – obwohl es im direkten Vergleich dann auf einmal gar nicht mehr „matched“, wie man so sagt. +++ Als er da so saß und diese Ode an Hamburg studierte, meinte der Sohn plötzlich: „Papa, das passt doch gar nicht zusammen! Erst sagt er, ‚dass wir kein‘ Sternenhimmel haben, ist man fast schon gewohnt‘, und später sagt er, ‚der leuchtende Stern über mir ist ein Satellit‘.“ +++ Erwischt, König Boris! +++ Vor kurzer Zeit begann Otto sich für Fotografie zu interessieren. Ich habe ihm meine Canon G1X als Dauerleihgabe vermacht, und letzten Sonnabend sind wir dann auf zur Alten Försterei. Haben uns das Treiben um das Bundesligaspiel Union gegen Heidenheim von draußen in der Wuhlheide angeschaut und -gehört. Geblieben sind ein sehr schöner Nachmittag, eine Reihe erstklassiger Fotos – und eine ärgerliche Punkteteilung. +++ Im Gegensatz zu Kubicki und mir besuchte Rainer Hunold übrigens das ehrwürdige Braunschweiger Raabe-Gymnasium, nicht etwa die links-grün versiffte HvF!

 

Überschrift inspired by: Das Brot der frühen Jahre (Erzählung) © Heinrich Böll, 1955

Überschrift inspired by: Come d’habitude © Jacques Revaux (Musik), Claude François und Gilles Thibaut (Text), 1967

Textauszug aus: Lichtspiel (Roman) © Daniel Kehlmann, 2023

Caspar David Friedrich (* 5. September 1774 in Greifswald; † 7. Mai 1840 in Dresden), Meister der deutschen Romantik

Life On Mars? © David Bowie, 1971

Alec Baldwin (* 3. April 1958 in Massapequa auf Long Islands, New York), US-amerikanischer Schauspieler, Synchronsprecher und Filmproduzent

Klaus Wowereit (* 1. Oktober 1953 in West-Berlin), ehem. Regierender Bürgermeister Berlins

Zu Hause angekommen © König Boris, 2024

Streets of Philadelphia © Bruce Sprinsteen, 1994

Marek Harloff (* 22. April 1971 in Hamburg), Synchronsprecher und Schauspieler

Rainer Hunold (* 1. November 1949 in Braunschweig), dt. Schauspieler und Autor

1. FC Union Berlin – 1. FC Heidenheim | Stadion an der Alten Försterei | 24. Februar 2024 | 2:2