The Bad Touch / Kleine Fische werden groß.

Breitscheidplatz: Volkstümlichkeit und Moderne © Kai von Kröcher, 2020

 

Jesus, this is Iggy. +++ Morgen kommt Otto in die Kita, da habe ich prophylaktisch schon jetzt einen Hals hinten im Kloß. Die Merkel-Diktatur hatte mir ursprünglich einen Strich durch die Rechnung machen und nur ein Elternteil zu der Zeremonie zulassen wollen. Heute aber kam die Nachricht, Vati darf auch mit!!! +++ Frage kurz an die Schwarmintelligenz, wo ich doch jetzt auch so’n halbstolzer Besitzer eines Smartphones bin: Was eigentlich ist eine App – und was in Gottes Namen stellt man damit an? +++ Apropos ‚Gott‘: Nach der Seniorenfitness am Ernst-Reuter-Platz heute wollte ich gegen Mittag spontan kurz in der Gedächtniskirche vorbeispringen, wenn Sie verstehen. Zählt ja eh schon zu meinen liebsten Kirchen. Jetzt zu Corona aber haben sie die Stuhlreihen radikal ausgedünnt und auf Abstand getrimmt – sieht super aus, und direkt bekommt man eine Ahnung, wie Old Eiermann sich die Sache einst mit der Nachkriegsmoderne so gedacht hatte. +++ Lange Rede, kurzer Sinn: Als ich die Stufen zur Domplatte hochstapfte, wunderte ich mich erst einmal kurz über den Pastor, der sich vor der Eingangstür auf einem Stuhl herumfläzte und mit einem Typen in einem „Hygiene-Manager“-T-Shirt plauderte. Dann sah ich Flatterbänder und überall so ’ne Art Bühnenarbeiter herumwuseln, und langsam begriff ich: da waren Dreharbeiten am Laufen – und für den Mann von der Straße war die Kirche gesperrt. +++ Wo ich doch ausgerechnet heute auf die Idee mit den Handyfotos gekommen war. Sehen zwar irgendwie nicht ganz unkacke aus, haben andererseits aber doch auch wieder einen ganz eigenen Charme. +++ Im Hintergrund läuft gerade das Radio – ein ekelerregender Song, der längst schon verboten gehörte. Jedenfalls muss ich da an die Geschichte denken, eine langjährige Barkeeperlegende vom Club damals ist uns auf dem Kneipentransfermarkt abgeworben worden und fing als Geschäftsführerin bei so’nem neu aufgemachten Mexikaner mit Streetcredibility auf der Oranienstraße an. So mit offener Küche direkt im Gastraum, wenn ich mich recht erinnere, wo hinter dem Herd dann immer so Typen einen auf Latino oder so machten. Und nun lief halt eben der Song da im Radio, zum Davonlaufen, und da fiel mir das wieder ein: Jedenfalls habe ich meine damals dann also schon Ex-Barkeeperlegende mal gefragt, wie der Laden so läuft und so weiter. Und sie meinte dann, die Bloodhound Gang käme zum Beispiel immer zum Essen. +++ Alter, die Bloodhound Gang!!!

 

Überschrift inspired by: The Bad Touch © Bloodhound Gang, 1999

Überschrift also inspired by: Kleine Fische werden groß © Vader Abraham, (?)

Lyrics: Turn Blue © der Itschie-Bob, 1977

Erkennen Sie die Melodie / You should have stayed at home yesterday.

It takes a second to say goodbye: Theo-Waigel-Promenade (Lichterfelde) © Kai von Kröcher, 2020

 

The beautiful ones always smash the picture always everytime. +++ Kurz nach der Wende, das muss so im Herbst ’91 gewesen sein. Die monumentale Leninstatue am Leninplatz wurde gerade mühsam abrissen – da kam von dem beliebten West-Berliner Politiker Heinrich Lummer der Vorschlag, den Helene-Weigel-Platz in Marzahn in Theo-Waigel-Karree umzubenennen. +++ Das ist allerdings schon wieder gelogen. +++ Denken Sie bei dem Lied Purple Rain – denken Sie dabei gelegentlich auch immer an The Air That I Breath von den Hollies? Das ist jetzt natürlich auch wieder totaler Quatsch – das habe ich gerade verwechselt. Beim ebenfalls großartigen Creep der hoch gehandelten Rockgruppe Radiohead, da muss ich immer an The Air That I Breath denken. +++ Was mir bis eben allerdings komplett neu war: The Air That I Breath von den Hollies ist nur eine Coverversion, das Original stammt nämlich von Albert Hammond. Dessen Jahrhundert-Hit seinerzeit war natürlich It Never Rains In Southern California, und ganz nebenbei ist er auch noch der Vater des Leadgitarristen der Strokes, das kann ja nun auch nicht unbedingt jeder von sich behaupten. +++ Das Bild heute, sozusagen, das war eine Art Auftragsarbeit – obwohl das den Nagel auch wieder nicht auf den Kopf trifft. Tolles Bild, aber mir gehen Leute wahnsinnig auf den Sack, die, so wie ich, immer und immerzu über ihren eigenen Scheiß reden müssen…

 

Überschrift inspired by: Eine dieser elenden Scheißsendungen im Fernsehen meiner Kindheit, die man aus Prinzip schon nie gesehen hat

Überschrift also inspired by: Enola Gay © Orchestral Manoeuvres in the Dark, 1980

Bildunterschrift inspired by: Seconds © U2, 1983

Lyrics: The Beautiful Ones © Prince & the Revolution, 1984

Heizkraftwerk Lichterfelde am Banackufer/Teltowkanal, West-Berlin (Inbetriebnahme 1972)

Heinrich Lummer (* 21. November 1932 in Essen; 15. Juni 2019 in Berlin), deutscher Politiker und Sympathieträger

Theo Waigel (* 22. April in Oberrohr), ehemaliger deutscher Finanzminister und nach Leonid Breschnew Träger der zweitbuschigsten Augenbrauen der Welt

Purple Rain © Prince & the Revolution, 1984

Creep © Radiohead, 1992

The Air that I Breath © The Hollies, 1974 (Cover)

It Never Rains in Southern California © Albert Hammond, 1972

Is This It © The Strokes, 2001

Bloodbuzz Ohio Aldrin / The Roads Not Taken.

Dirk, wie ist die Luft da oben: Rossmann-Parkplatz am Springpfuhl/Marzahn © Kai von Kröcher, 2020

 

She was looking so right in her diamonds and frills, all those big city nights in those high rolling hills. +++ Eine Litfasssäule im berüchtigten Lichtenberger Nazi-Kiez rund um die Weitlingstraße. Aus dem Replacement-Bus-Fenster Richtung Marzahn gestern fiel mir ein Kinoplakat ins Auge: The Roads Not Taken. ‚Muss ich mir unbedingt merken“, dachte ich so bei mir und machte ein wackliges Foto. +++ Am eigentlichen, dem vom Feeling her „echten“, Helene-Weigel-Platz oben am Rathaus Marzahn. Jedenfalls winkte ein Parkbank-Typ mich zu sich heran. Fragend tippte ich mir demonstrativ an die Brust und drehte mich sicherheitshalber noch einmal um, aber hinter mir stand niemand. Der Typ auf der Parkbank zeigte mir seine Perspektive, den Blick von der Bank auf den Brunnen der Generationen mit den Hochhäusern im Hintergrund. „Sie müssen genau von hier gucken, dann ist der Papierkorb verdeckt.“ Ich sagte, sowas könne man heutzutage alles mit Photoshop wegmachen, das sei kein Problem. Dass er für so was aber überhaupt ein Auge hatte, das strich ich ihm lobend aufs Brot. Auch dass er die Fluchten der Häuser dahinter betonte, das fand ich bemerkenswert, irgendwie. Was ich aber am Allererstaunlichsten fand, das wird Sie jetzt vielleicht gar nicht so recht interessieren: Dass hier das Straßenpflaster nämlich noch im Original belassen war und nicht längst ausgetauscht worden ist. Das war mir nämlich vor einer Weile mal so durch den Kopf gegangen, dass das die wohl vielleicht charakteristischste Eigenschaft der BRD ist: alles ständig neu pflastern. +++ Stimmt. +++ Die Skulpturen da in Marzahn erinnerten mich übrigens an Der nackte Mann auf dem Sportplatz von Konrad Wolf. +++ Etwas zum Schmunzeln wollte ich heute noch loswerden. Neulich stand ich mit meinem Sohn am Ufer des Urbanhafens, und ein komischer Vogel stand da recht nahe am Wasser. Tatsächlich ein Vogel, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich sagte zu Otto: „Ob das vielleicht der Kormoran ist – das könnte er sein, oder?“ Er überlegte ganz kurz, dann sagte er sehr überzeugt: „Ja.“ Und dann – er spricht ja noch nicht so viel. Dann zeigte er mit dem Finger auf meinen Kopf, da wäre ich vor innerlicher Rührung beinahe zersprungen… (Den allerdings verstehen Sie jetzt nur, wenn Sie die letzten Monate hier immer schön aufmerksam und nicht etwa abgelenkt bei der Sache waren…)

 

Überschrift inspired by: Neil Armstrong (* 5. August 1930 in Wapakoneta/Ohio; † 25. August 2012 in Cincinnati/Ohio), Astronaut

Überschrift also inspired by: Buzz Aldrin (* 20. Januar 1930 in Montclair/New Jersey), zweiter Mensch auf dem Mond

Überschrift also inspired by: Bloodbuzz Ohio © The National, 2010

Bildunterschrift inspired by: Dirk, wie ist die Luft da oben © Sportfreunde Stiller, 2004

Lyrics: Hollywood Nights © Bob Seger & the Silver Bullet Band, 1978

Wege des Lebens (Originaltitel: The Roads Not Taken) © Sally Porter (Drehbuch/Regie), UK/USA, 2020 (ab 13. August im Kino)

Helene Weigel (* 12. Mai 1900 in Wien; 6. Mai 1971 in Berlin/Hauptstadt der DDR), Schauspielerin, Intendantin des Berliner Ensembles und Ehefrau

Brunnen der Generationen: Skulpturenensemble am Helene-Weigel-Platz von Rolf Biebls, eingeweiht 1990

Der nackte Mann auf dem Sportplatz (mit u.a. Kurt Böwe, Ursula Karusseit) © Konrad Wolf (Regie), DDR 1974

Doppelhochhaus Helene-Weigel-Platz 6/7: Plattenbau von Wolfgang Ortmann und Hartmudt Pautschhat (Architekten), erbaut 1985

 

Den Wald vor Bäumen / … ein Konsumkritiker räumt einen Fehler ein.

Brutally finnish: Gin-Werbung auf der Karl-Marx-Straße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

Nur eine Reflexion: Das alte C&A-Kaufhaus in der Schaufensterscheibe des neuen © Kai von Kröcher, 2020

Rathaus Neukölln: Das Leben ist eine Karl-Marx-Straße © Kai von Kröcher, 2020

 

Die mit dem Kaufhauspunk und hannoveranischem Rock’n’Roll: ihr wählt doch sonst auch immer das Falsche, wenn ihr die Wahl habt. +++ Vielleicht hätte ich mir besser ein Auto gekauft, einen Toyota Corolla vielleicht – davon hätte ich mehr Ahnung gehabt: Aber dass man sich einfach kein Huawei-Handy „holt“, wenn Mann eh schon Apple zu Hause hat – auf diese geile Idee kam ich ganz ohne Quatsch erst gestern am Mittag. Und ein bisschen frustriert dachte ich da so im Stillen: ‚Dir kann man beim Gehen aber auch echt die Schuhe besohlen!‘ +++ Andererseits hatte ich mir bei meinem Vertragsabschluss immerhin so gedacht: ‚Wenn ich jetzt schon mit Kinderarbeit d’accord gehe, dann will ich wenigstens nicht immer nur Apple supporten!‘ +++ Don’t think twice! +++ Ich dachte immer, der Song sei von Elvis, der konnte ja echt gut singen. Das Original aber ist von Robert Dylan, man lernt nie aus. +++ Apropos: Neulich hatte ich mir mal so eine Liste angesehen, die beliebtesten Vornamen des Jahres 2019. Nicht, dass Otto plötzlich noch so was wie Cindy ist oder Mandy und solche Schosen. Kinder sollten schließlich etwas Besonderes sein. Otto fand sich zu meiner Verwunderung dann trotzdem noch ziemlich weit vorn, nämlich auf Platz 244. Um einiges erstaunlicher aber fand ich dann allerdings: Nur elf Chartplatzierungen dahinter, nämlich auf Rang 255, fand sich mein eigener Name – Kai. Das hat mich dann schon überrascht. Ich dachte, Kai klänge den jungen Leuten mittlerweile vielleicht so im Ohr wie bei uns früher Heinz oder Horst. +++ Aber mitnichten! +++ Horst dürfte meiner Einschätzung nach übrigens das nächste ganz große Ding werden. +++ Ist aber letztlich auch schnuppe, das mit dem Smartphone. Habe bis vorgestern mit meinem hellblauen Nokia TA-1034 gelebt und trotzdem aus Frust nicht gleich die AfD gewählt. Und mit dem neuen Teil will ich nur hin und wieder mal ein Foto bei Instagram reinstellen, das ist nämlich der momentan heißeste Scheiß. Und dass ich beim nächsten Mal nachts in Chemnitz nicht mit einem Falk-Plan herumirre. +++ Hatte ich die Geschichte erzählt, wie ich damals den Bahnhof gesucht habe, weil nachts da ein DJ ankam? Und den Bahnhof gab es in meinem Plan nicht? Da kriegt Mann dann irgendwann doch irgendwie kalte Füße, eine verflixt unangenehme Situation. +++ Handyfotos machen mir keinen Spaß, aber immerhin habe ich endlich jetzt einmal den U-Bahnhof Schönleinstraße fotografiert: der riecht zwar atemberaubend nach Pisse, die Werbeflächen aber sehen seit einem Jahr ganz hervorragend aus… +++ Und nun als Letztes die Frage: Schönleinstraße – riecht der nach Kreuzberg oder Neukölln?

 

Lyrics: Ich möchte nicht, dass ihr meine Lieder singt © Jan Delay, 2001

Don’t Think Twice, It’s All Right © der King, 1971 (Cover)

Absolute Giganten (mit Frank Giering, Antoine Monot, Jr., Florian Lukas u.a.) © Sebastian Schipper (Regie), D 1999

Clever und Smartphone / Der letzte Fortschrittsverweigerer knickt ein.

Corona Days: Neulich am Hohenzollerndamm © Kai von Kröcher, 2020

 

Speak to me like the winds outside. It’s broken up, pushing us – hear the rain fall, see the wind come to my eyes. +++ Kinderarbeit, und drauf gekackt – man kommt halt nicht mehr daran vorbei…

 

Überschrift inspired by: Clever & Smart (Mortadelo y Filemón, Comic-Serie) © Francisco Ibáñez, seit 1958

Überschrift also inspired by: Huawei P30

Lyrics: The Sky is Broken © Moby, 1999

Auskunft der Engel / From Genesis to Revelation.

Erste Buntstiftzeichnungen auf Papier: Otto im Mai dieses Jahres © Kai von Kröcher, 2020 (Repro)

Erste Buntstiftzeichnungen auf Papier: Otto im Mai dieses Jahres © Kai von Kröcher, 2020 (Repro)

Erste Buntstiftzeichnungen auf Papier: Otto im Mai dieses Jahres © Kai von Kröcher, 2020 (Repro)

 

Le truc du flash, le chic d’occase, maison en ruine, trafic en phase. +++ Das Beste, was ich in der Braunschweiger Zeitung in vermutlich einhundert Jahren jemals gelesen habe, fand sich letzte Woche an einem Frühstückstisch zufällig in eben jener Metropole zwischen Harz und Heide. Im vorigen Jahr irgendwann hatte ich etwas pathetisch angedeutet, ich habe „meinen Frieden“ mit der Löwenstadt geschlossen. Ich könnte Ihnen nicht einmal sagen, was die Stadt an der Oker mir in den Jahrzehnten davor hatte angetan haben müssen – nur schnürte es mir vor Unbehagen stets den Hals zu, sobald ich auch nur eine der altbekannten Einfallstraßen – ich will Ihnen nicht Ihre Zeit stehlen mit aufgeblasenem Geschwätz. +++ Heute hier ein paar Arbeiten meines geschätzten Sohnes: Buntstiftzeichnungen, allesamt etwa vom Mai dieses Jahres – ich hatte sie irgendwann an die Wand gehängt, und jetzt stehe ich manchmal abends versonnen davor. +++ Besitzt von Ihnen da draußen einer eines dieser neuartigen Smartphones – oder haben Sie anderweitig bereits Erfahrungen damit gesammelt? Die Verwendungsmöglichkeiten scheinen mir doch wesentlich umfangreicher als zum Beispiel noch bei meinem Nokia TA-1034, wie denken Sie in dem Fall? +++ Wir waren neulich in Braunschweig, wie Sie unschwer zwischen den Zeilen herauslesen konnten. Tatsächlich merkwürdig, dass ich einige Ecken bis dahin überhaupt nicht kannte. Vielleicht bin ich immer nur durch die Fußgängerzone gelaufen – kein Wunder, dass ich die Stadt immer bescheuert fand. +++ Leif in Concert Vol. 2 scheint ja ein dufter Kinofilm zu sein, die Lügenpresse überschlägt sich in Tönen. Erinnert mich daran, wie vor schon längerer Zeit – vom Feeling her muss ich da selber noch hinter dem Tresen der Gaststätte der Herzen. Volker Hauptvogel jedenfalls – he’s a good friend of mine, it’s true. Der war damals immer zu irgendwelchen Dreharbeiten gefahren – vor meinem geistigen Augen saß er in einer Szene im Keller des Yorckschlösschens zwischen den Bierfässern. Unter Beifall jedenfalls ist der Film jetzt gerade frisch angelaufen. Und auf dem Soundtrack findet sich dann sogar auch mein Lieblingssong der Progpunkgruppe Mekanik Destrüktiw Komandöh: Berlin nämlich – in der grandiosen Mauerstadt-Aufnahme von ’79 in etwa. +++ Den Text habe ich übrigens nie richtig verstanden, das machte den Song nur noch besser. +++ Und in der Braunschweiger Zeitung letztens hatte gestanden, das soll hier nicht unter den Tisch fallen: Dass sich die Weltbevölkerung nämlich entgegen früherer Prognosen ab einem der relativ nächsten Jahre langsam wieder zurückentwickelt – also, rein von der Anzahl der Menschen her so betrachtet…

 

Überschrift inspired by: Berlin – sterbende Stadt © Mekanik Destrüktiw Komandöh, 1983

Überschrift also inspired by: Police and Thieves © The Clash, 1977 (Cover)

Lyrics: Spacer 4L © Graf Tati & Cécile Dupaquier, 2020

Yorckschlösschen | Yorckstraße 15 | 10965 Berlin

Leif in Concert Vol. 2 (mit u.a. Luise Heyer, Klaus Manchen, Florian Bartholomäi, Gerdy Zint, Volker Hauptvogel, Jule Böwe, Tilo Prückner, „Gotti“ Gottschild) © Christian Klandt (Regie), D 2020

Sie blöde Sau / … und die Brandstifter.

Berliner Verlag: Rückansicht mit Treppenhaus © Kai von Kröcher, 2020

 

Rolling numbers, rock and rollin‘, got my KISS records out. +++ Als ich da Montagabend jedenfalls unter den Bäumen vorm Eastgate Einkaufszentrum am Rande Marzahns gedankenverloren herumsaß – ich habe Ihnen das mit der Musik und dem Hören ja versucht zu erklären: Jedenfalls kam mir I Want You to Want Me von Cheap Trick in den Sinn – und dass ich jahrelang auf den Song reingefallen war. Ein billiger Hütchenspielertrick, sozusagen. Nämlich hatte ich früher immer geglaubt, tonal bewege das Stück sich von Anfang bis Ende immer weiter nach unten. Eine Endlosspirale, und ich seinerzeit hatte mich immer gefragt, wie lang wohl die Basssaiten von denen sein müssen. +++ Dreiundzwanzig Jahre ist das jetzt übrigens her, dass ich da auf dem Foto oben damals gearbeitet hab: Berliner Verlag, die Fotoredaktion dürfte im dreizehnten Stock gewesen sein. Mit den Kollegen jedenfalls hing man immer mal wieder im Treppenhaus ab, das ist eine der wenigen Erinnerungen daran. Und viele der älteren Mitarbeiter wohnten Allee der Kosmonauten. +++ Neulich im bildungsbürgerlichen Nachtprogramm lief Fitzcarraldo. Als Spätgebärender war ich leider schon fix und alle, und nach zwanzig Minuten ging ich ins Bett. Was ich mich als konsumkritischer Mensch aber gefragt habe: Wie hätte Kinski zum Beispiel den brasilianischen Präsidenten begrüßt, wäre der ihm damals im Dschungel begegnet? +++ Die Allee der Kosmonauten waren ja nicht nur eine christliche Band – sie führt einen letztendlich auch nach Marzahn. Und da schließt sich der Kreis: Ich hatte den vorigen Post nämlich gerade gepostet, da lief kurze Zeit später im Hintergrund hier in der Küche das Radio. Eine Moderatorin, deren Name mir neu war, kündigte an: kommenden Sonntag den ganzen Tag lang die 100 besten Songs der 70er Jahre. Sie meinte, einer der Songs, die ganz knapp an der Hundertermarke vorbeigeschrammt seien, wäre I Want You to Want Me auf Platz 106, und dann wälzte sie noch ein bisschen was zu der Historie dazu aus. Da kam ich mir vor wie ein Scharlatan – falls Sie verstehen, warum.

 

Überschrift inspired by: Mein liebster Feind (Dokumentarfilm) © Werner Herzog (Drehbuch/Regie), UK/D/FIN/USA 1999

Überschrift also inspired by: Biedermann und die Brandstifter (Drama) © Max Frisch, 1948

Lyrics: Surrender © Cheap Trick, 1978

Klaus Kinski (* 1926 in Zoppot/Danzig; † 1991 in Lagunitas/Kalifornien, USA)

Suspicious Mind / Quadrophenia.

Beliebte Einkaufsmeile der Jugend: Berlin-Mitte am Fuße des Forum-Hotels © Kai von Kröcher, 2020

 

I’ll get home early from work if you say that you love me. +++ Gestern, am späteren Vorabend, hatte ich mich für ein halbes Stündchen auf eine der Bänke neben dem Eastgate Einkaufszentrum gesetzt. Warum, werden Sie fragen – das Eastgate Einkaufszentrum liegt neben der Bundesstraße 158 am Rande Marzahns, und frühestens auf den zweiten Blick weiht es einen in das Geheimnis seiner Schönheit ein. +++ Ich hatte mich also unter die jungen Bäume mit Blick auf den Busbahnhof platziert, ganz unverbindlich wollte ich etwas herausfinden: Anscheinend aber werde ich nicht beschattet – oder aber Bolsonaro hatte die Creme seiner besten Leute geschickt, die ich der Reihe nach für Bürger Marzahns, Passanten, Besucher des Eastgate Einkaufszentrums oder für Kinder zu halten glaubte. +++ Ich wog mich also in Sicherheit und tat genau das, was nur wenige Marionetten in diesem Land tun: Ich dachte nach. Ich dachte nach über meinen Sohn Otto und seine Begeisterung für Bagger. Was so nicht ganz stimmt, doch dafür müsste ich etwas ausholen. +++ Schon in seinen Säuglingstagen hatte ich oft den Kinderwagen zwischendurch einfach mal angehalten und Otto die Pflanzen am Rande des Gehwegs befühlen lassen. Und so weiter und so fort, das übliche Blabla: Ich wollte mit ihm an der Hand nicht durch die Welt hetzen – ich habe immer versucht, seinen Blick für die Dinge zu schärfen. Und heute – stellen Sie sich zum Beispiel die Abenddämmerung vor, da erkennt er auf dreihundert Meter Entfernung einen Bagger im Nebel, wie er die Zähne seiner Baggerschaufel hinter einem verrosteten Bauzaun hervorlugen lässt. Er zeigt dann ins vermeintliche Nichts und triumphiert: „Da!“ – und ratlos steht man lange Zeit auf dem Schlauch und so weiter. +++ Das Foto heute gefällt mir ausgesprochen gut: die Stadt auf dem Bild würde ich gern mal bereisen. +++ Jedenfalls saß ich so da vor dem Eastgate und vom Hundertsten kam ich langsam ins Tausendste. Ich dachte darüber nach, ich war früher auch immer ein Adlerauge gewesen. Doch langsam werden die Augen jetzt immer schlechter. Was für einen Fotografen nicht zwingend von Vorteil sein muss. Über so etwas dachte ich jedenfalls nach. Und dass ich immer extremstens gut hören konnte – der interessanteste Ansatz hier vor dem Eastgate: Mein Gehör nämlich ist wahnsinnig gut, wenn es um Alltagsgeräusche geht. Was aber das musikalische Hören betrifft, sind meine Ohren – ein brillantes Bild fiel mir ein, wissenschaftlich außerordentlich relevant: Musikalisch betrachtet laufe ich nach Einbruch der Dunkelheit mit einer Sonnenbrille herum und versuche, die Landschaft um mich herum zu beschreiben. +++ Was auch immer Sie jetzt mit dieser Information anfangen werden – ich fand den Gedanken sehr wichtig…

 

Überschrift inspired by: Quadrophenia – Spielfilm nach dem gleichnamigen Konzeptalbum der Rockgruppe © The Who, 1973 bzw. 1979

Überschrift also inspired by: Suspicious Minds © Elvis Presley, 1969

Lyrics: I Want You to Want Me © Cheap Trick, 1977

Eastgate | Marzahner Promenade 1A | 12679 Berlin

 

 

Leipziger Tropfen / Ist das hier das Endspiel von Rio.

Good Luck: Karl-Marx-Allee mit Kino International* und Strausberger Platz © Kai von Kröcher, 2020

 

On a clear day you can see West L.A., even downtown. +++ Haben Sie Günther Fischer auch immer mit Hans Zimmer verwechselt? Merkwürdig, oder? +++ Was mir neulich beim Corona-Spaziergang auch so durch den Kopf ging: Wo sind eigentlich die alten Straßenlaternen geblieben? +++ Das Bild heute, es sieht ein bisschen „photogeshopped“ aus – keine Ahnung, warum. Das Bild jedenfalls, ich möchte es meinem Sohn widmen: Otto scheint mir der weltgrößte Fan jener Spezies Bagger** zu sein. +++ Christoph Kramer hatte ich neulich in einem Spot irgendwo gesehen. Das hat mich gefreut. Prominente erinnern daran, dass die Erde brennt. Würde ich hier auch gerne noch einmal drauf hinweisen. Auch wenn Sie jetzt vielleicht spötteln, dass das nichts bringt…

 

Überschrift inspired by: Leipziger Tropfen – Straßenleuchte, zweilampig © VEB Leuchtenbau Leipzig, ca. 1960er

Überschrift also inspired by: Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach, nach seiner Gehirnerschütterung im WM-Endspiel 2014 zum Schiedsrichter)

Lyrics: Celebrate © Anderson .Paak, 2016

Ennio Morricone (* 10. November 1928 in Rom; † 6. Juli 2020 in Rom), Komponist

 

*außerhalb des Bildrandes, links

**hier: Radlader

Fatigue de l’été / I can feel the Fear in the Western World.

Der Sommer einst im Südosten: La Dupaquier, Tati © Kai von Kröcher, 2020

 

Is it wrong to understand the fear that dwells inside a man. +++ Neulich am Sonntag im hiesigen Radio – sie spielten die einhundert besten fremdsprachigen Lieder. Bei Platz Numero 81 hatte ich zufällig kurz einmal reingezappt: Mina mit Se telefonando sagte mir gar nichts, klang aber vom Feeling her nach sehr großem Gefühl. Wie Dummköpfe es gerne tun, imitierte ich im Playback den Pathos schmachtender Sänger, vor Gänsehaut schossen mir Tränen ins Auge, Otto spielte mit Duplosteinen zu meinen Füßen. Deutlich konnte ich den eigenen Kopf hinter seiner frühpubertären Stirn arbeiten sehen – sollte es tatsächlich sein, dass ein Bub heutzutage mit noch unter zwei Jahren schon den eigenen Vater infrage stellt? +++ Fremdsprachige Lieder: außer Englisch, natürlich – das wäre sonst Quatsch. +++ Der beste fremdsprachige Song allerdings, meiner Meinung nach, definitiv: Das Video kam gestern per Post. Da reift eine Sängerin heran von internationalem Rang, das prophezeie ich einfach mal. Zeitloser französischer Elektropop einmal mehr also aus der Reichenberger Straße: Fatigue de l’été – eine Produktion aus den Corona-Studios der Herren und Damen Tati/Dupaquier. +++ So sieht es mal aus. +++ Wieso eigentlich sagen selbst intelligent wirkende Menschen – warum sagen die wie unter Zwang immer „franntzössíesch“, wenn es um irgendetwas aus Fronnkraaisch geht – das macht man doch auch nicht mit Englisch oder mit Polnisch oder mit Afrikanisch oder mit – okay, mit Schwyzerdütsch oder mit Holländisch oder Japanisch vielleicht? +++ Im Schein der untergegangenen Abendsonne gestern war ich noch einmal ans Ufer getreten, sonst ist der Sommer bald wieder vorbei. Jemand rief meinen Namen und bremste sein Fahrrad knapp von hinten in mich hinein: Ob ich bereits wieder umarme? (In Zeiten der Auflagen im Zusammenhang mit Corona/Anm.d.Red.) „Du bist die Erste seit Monaten“, sagte ich, dann schloss ich die Hoffnung der erotischen Club-Literatur vorsichtig in den begrüßenden Arm. +++ Auf der Admiralbrücke in respektvoller Höhe flog später der sagenumwobene Kormoran über mich hinweg, diesmal pinkelte er mir nicht auf den Kopf. Am nordwestlichen Ende der Brücke spielte einer auf seinem Kassettenrekorder T. Rex.

 

Überschrift inspired by: Fatigue de l’été © Graf Tati & Cécile Dupaquier, 2020

Überschrift also inspired by: Fear in the Western World © Ultravox, 1977

Lyrics: Cosmic Dancer © T. Rex, 1971

Mina © Se telefonando, 1966 (orchestrated and conducted by Ennio Morricone)

M (Roman) © Anna Gien/Marlene Stark, Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft, 2019