Taking on the World / Drüben in Amiland.

Deep Fuck Records: The Lady with the Silver Trolley © Kai von Kröcher, 2019/2021

 

Kein Savoy, so wie in Wien, nur den Römerweg in Ost-Berlin – das alles, so lange fort, wie unsere Kindheit in Berlin-Karlshorst.  +++ Seit diese Warnhinweise da draufkleben, verkaufen sich die Platten viel besser, sollte man meinen: die Instagram-Likes allerdings schießen neuerdings in den Keller, das muss sich einer mal vorstellen! +++ Das Cover der Gruppe Fett letztens erinnerte mich nachträglich extrem an das Debütalbum der schottischen Band Gun: Taking on the World – für mich ein Stück Soundtrack des Lebens, eine der ersten Vinylscheiben, die ich mir in Berlin gekauft hatte. Oder besser gesagt: nach meinem Umzug nach Berlin, als ich rübergemacht habe – die erste Platte, die ich mir in Berlin gekauft habe, in West-Berlin damals, das wird dann wohl Ha!-Ha!-Ha! der Gruppe Ultravox gewesen sein – Sommer ’79 nämlich bei ZIP im Europacenter, kann das sein? +++ Gun allerdings war auch immer noch West-Berlin, die Mauer fiel erst Monate später im Herbst. +++ Das Coverfoto (oben) entstand übrigens während der ersten und bisher einzigen Demoteilnahme meines Lebens: Klimastreik am 20. September 2019, die Japaner*innen da vor dem Reichstag haben mit Fridays For Future wohl eher nicht viel am Hut, zumindest nicht in dem Moment. +++ Wenn es denn überhaupt welche sind, Japaner+innen. +++ Sagt man das eigentlich noch – „Japaner*innen“?! +++ Die neuen FFP2-Masken auf Berechtigungsschein sind übrigens knorke!

 

Überschrift inspired by: Taking on the World © Gun, 1989

Überschrift also inspired by: Vereinigte Staaten von Amerika (since 1787/89)

Lyrics: Karlshorst © Sind, 2020

Ha!-Ha!-Ha! © Ultravox, 1977

Fatigue de l’été / I can feel the Fear in the Western World.

Der Sommer einst im Südosten: La Dupaquier, Tati © Kai von Kröcher, 2020

 

Is it wrong to understand the fear that dwells inside a man. +++ Neulich am Sonntag im hiesigen Radio – sie spielten die einhundert besten fremdsprachigen Lieder. Bei Platz Numero 81 hatte ich zufällig kurz einmal reingezappt: Mina mit Se telefonando sagte mir gar nichts, klang aber vom Feeling her nach sehr großem Gefühl. Wie Dummköpfe es gerne tun, imitierte ich im Playback den Pathos schmachtender Sänger, vor Gänsehaut schossen mir Tränen ins Auge, Otto spielte mit Duplosteinen zu meinen Füßen. Deutlich konnte ich den eigenen Kopf hinter seiner frühpubertären Stirn arbeiten sehen – sollte es tatsächlich sein, dass ein Bub heutzutage mit noch unter zwei Jahren schon den eigenen Vater infrage stellt? +++ Fremdsprachige Lieder: außer Englisch, natürlich – das wäre sonst Quatsch. +++ Der beste fremdsprachige Song allerdings, meiner Meinung nach, definitiv: Das Video kam gestern per Post. Da reift eine Sängerin heran von internationalem Rang, das prophezeie ich einfach mal. Zeitloser französischer Elektropop einmal mehr also aus der Reichenberger Ecke Ohlauer Straße: Fatigue de l’été – eine Produktion aus den Corona-Studios der Herren und Damen Tati/Dupaquier. +++ So sieht es mal aus. +++ Wieso eigentlich sagen selbst intelligent wirkende Menschen – warum sagen die wie unter Zwang immer „franntzössíesch“, wenn es um irgendetwas aus Fronnkraaisch geht – das macht man doch auch nicht mit Englisch oder mit Polnisch oder mit Afrikanisch oder mit – okay, mit Schwyzerdütsch oder mit Holländisch oder Japanisch vielleicht? +++ Im Schein der untergegangenen Abendsonne gestern war ich noch einmal ans Ufer getreten, sonst ist der Sommer bald wieder vorbei. Jemand rief meinen Namen und bremste sein Fahrrad knapp von hinten in mich hinein: Ob ich bereits wieder umarme? (In Zeiten der Auflagen im Zusammenhang mit Corona/Anm.d.Red.) „Du bist die Erste seit Monaten“, sagte ich, dann schloss ich die Hoffnung der erotischen Club-Literatur vorsichtig in den begrüßenden Arm. +++ Auf der Admiralbrücke in respektvoller Höhe flog später der sagenumwobene Kormoran über mich hinweg, diesmal pinkelte er mir nicht auf den Kopf. Am nordwestlichen Ende der Brücke spielte einer auf seinem Kassettenrekorder T. Rex.

 

Überschrift inspired by: Fatigue de l’été © Graf Tati & Cécile Dupaquier, 2020

Überschrift also inspired by: Fear in the Western World © Ultravox, 1977

Lyrics: Cosmic Dancer © T. Rex, 1971

Mina © Se telefonando, 1966 (orchestrated and conducted by Ennio Morricone)

M (Roman) © Anna Gien/Marlene Stark, Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft, 2019

The Fall / Paris au Printemps.

JÜDISCHES MUSEUM © KAI VON KRÖCHER, 2018

FRANZ-KÜNSTLER-STRAßE © KAI VON KRÖCHER, 2018

TAZ-REDAKTION, RUDI-DUTSCHKE-STRAßE © KAI VON KRÖCHER, 2018

TAZ-DACHGARTEN, RUDI-DUTSCHKE-STRAßE © KAI VON KRÖCHER, 2018

DUTSCHKE- ECKE CHARLOTTEN © KAI VON KRÖCHER, 2018

… and now there’s someone to protect, someone you cannot reject. +++ Eigentlich hatte ich die ganze Zeit schon schreiben wollen, ich alter Witzbold, wir ziehen Otto streng nach der nationalsozialistischen Erziehungsverordnung von ’36 auf: Wenig Körperkontakt, lange schreien und allein schlafen lassen – und so weiter und so fort. Das steht da anscheinend tatsächlich so drin, aber – na klar! – die nationalsozialistischen Leitlinien von ’36 gelten ja heutzutage nicht mehr. +++ Die Bilder heute, die sind vom Spaziergang am Sonntagnachmittag – mit der Gewordenen (und taz-Redakteurin im Ruhe-Modus) auf dem Weg in die taz-Redaktion: der letzte Tag vor dem Umzug ins neue Gebäude. +++ Kinderwagen Walks-Fotografien sozusagen, ich find sie nicht schlecht. +++ Beim Jüdischen Museum, den Fotos (oben), da dachte ich eben: „Schön, dass heute, am Jahrestag der Reichskristallnacht vor 80 Jahren, wieder grölende Speckhirne in unseren Straßen aufmarschieren“, dieselben Stiefel, derselbe Hass – sozusagen als Mahnung! +++ Seit anderthalb Wochen übrigens besitzt Otto eine eigene Steuer-ID. „Otto“, sage ich: „Otto, am besten steigst du direkt bei diesem Cum-Ex-Dingens ein, oder wie das heißt, da kriegst du die Steuer zurück!“ +++ Haha, war wieder lustig…

Überschrift almost inspired by: Hit the North © The Fall, 1987

Überschrift also inspired by: Paris au Printemps © P.I.L., 1981

Lyrics: Rocket Brothers © Kashmir, 2003

9. November 1918: Ausrufung der Republik

9. November 1938: „Deutsche wehrt euch – kauft nicht bei Juden!“

9. November 1989: The Fall of the Berlin Wall

Ha!-Ha!-Ha! © Ultravox, 1977