Le pont maléfique / Das Verschwinden der Leere.

Oktapolare Fotografie: Bösebrücke mit Sohn © Kai von Kröcher, 2025 (Rohfassung)

 

Mummy come back ´cause the water’s all gone. +++ Könnte durchaus passieren – wenn man aus Trotz weiterhin immer nur auf die falschen Leute hört. +++ Aber da ich auch in diesem Jahr wieder glaubte, am 8. Mai sei Muttertag. Und mich wie jedes Jahr wunderte, wie, gegen jegliches Gesetz der Natür, dieser 8. Mai tatsächlich immer genau auf einen Sonntag fallen kann. Obwohl heute zwar Feiertag, doch gleichzeitig aber nur Donnerstag ist. Und warum wir diesen Muttertag dazu immer ausgerechnet noch am Tag der Kapitulation von Karlshorst damals feiern. Von daher lassen wir das heute mit dem Wasser und der Klugscheißerei, beides erscheint müßig und anstrengend. +++ Jedenfalls hatte ich gestern gerade das Bild oben (vorläufig) fertiggestellt. Ein Bild, das ich Anfang April fotografiert habe und seitdem, mit kürzeren Unterbrechungen und längeren Verzweiflungsschüben, stetig daran gearbeitet hatte. Das meinen Sohn unter der Bösebrücke zeigt, fälschlicherweise gerne Bornholmer Brücke genannt. +++ Nach Michael Bornholm übrigens, der das Lied seinerzeit sang: Dänen lügen nicht. +++ (Wer sich erinnert, dürfte heute so zwischen sechzig und zweiundachtzig sein.) +++ Das Bild jedenfalls, dachte ich gestern bei mir ganz im Stillen, möchte ich Ottos Mutter zum Muttertag widmen. Weil es ja ihren Sohn zeigt, und sie das Bild noch nicht kennt. Und vermutlich auch nicht die Brücke von unten. +++ Und wenn ich mich recht erinnere, war der Grenzübergang Bornholmer Straße am 9. November damals der erste, der den Schlagbaum für Berliner aus dem Ostteil der Stadt Richtung Westen öffnete. Nach meiner Kenntnis sofort und unverzüglich. Und obwohl ich nur etwa dreihundert Meter entfernt auf West-Berliner Seite in der Eulerstraße im Wedding wohnte, hatte ich mich erst am folgenden Morgen um halb acht von dem historischen Schauspiel überzeugen können – da ich ausgerechnet in dieser, wie gesagt, historischen Donnerstagnacht hatte Nachtschicht schieben müssen an einer prosaischen Aral-Tankstelle nahe des Schlosses Charlottenburg. Ich weiß noch, mindestens einem Trabi- oder Wartburgfahrer habe ich damals in freudiger Anerkennung und voller geschichtlicher Ergriffenheit auf das Dach geklopft und dazu einige Hände geschüttelt. +++ Ein weiterer Grund, weshalb ich schon heute und nicht erst am Sonntag zum Muttertag poste: Ich möchte auf eine Ausstellung hinweisen, die morgen in der Inselstraße 7 eröffnet wird, und an der die französische Hälfte des deutsch-französischen Elektro-Pop-Duos Interhotel beteiligt ist. Cécile Dupaquier nämlich, und die Ausstellung heißt The Disappearance of Emptiness. Direkt am U-Bahnhof Märkisches Museum in der, wie gesagt, Inselstraße 7 – Beginn ist um 19:00 Uhr. +++ I want to be a machine: Erinnert mein Sohn Sie auf eine Art nicht an den jungen John Foxx? +++ Und weil ich ja gerne ein sentimentaler Mensch bin, möchte ich das Bild oben unbedingt auch meiner eigenen Mutter widmen, die sich zweifellos irrsinnig gefreut hätte, ihren Enkel kennenlernen zu dürfen.

 

Überschrift inspired by: Bösebrücke – 1916 als Hindenburgbrücke eröffnet, erhielt ihren heutigen Namen 1948 nach dem kommunistischen Widerstandskämpfer Wilhelm Böse und verbindet Wedding und Prenzlauer Berg

Überschrift also inspired by: The Disappearance of Emptiness | zwischen nichts und unberührt viel | Gruppenausstellung | Inselstraße 7 | 10179 Berlin

The Disappearance of Emptiness | Die Möglichkeit einer Insel – avec Cécile Dupaquier | Eröffnung: Freitag, 09.05.2025, 19:00 Uhr

Lyrics: Glass Spider © David Bowie, 1987

Karlshorst © Sind, 2020

Michael Holm (* 29. Juli 1943 in Stettin, Pommern als bürgerlich Lothar Bernhard Walter), dt. Schlagersänger, Komponist, Musikproduzent 

Tränen lügen nicht © Michael Holm, 1974 (dt. Version des italienischen Intrumentals Soleado

Dänen lügen nicht © Otto Waalkes, 1976

Günter Schabowski (* 4. Januar 1929 in Anklam; † 1. November 2015 in Berlin), dt. Journalist und Politiker, Chefredakteur des Zentralorgans der SED Neues Deutschland, ab 6. November 1989 Sekretär des ZK der SED für Informationswesen 

I Want to Be a Machine © Ultravox, 1977

Moonage Daydream / Ei ohne Salz

Fiktives Vinyl: Ilse Paradies – Ei ohne Salz © Kai von Kröcher, 2006/2022

 

You walk past a cafe but you don’t eat when you’ve lived too long. +++ Kommt ja jetzt echt nicht oft vor, dass ich ins Kino geh‘. Als Spätgebärender schon mal erst recht nicht. Immer noch toll, dieses International – Sozialismus von der erhabenen Seite. Und als im Großen Saal gestern das Licht ausging, da hatte ‚man‘ fast seine Irritation schon vergessen. Dieses Stutzen darüber, dass an der Kinokasse da unten, nicht nur vom Feeling her. Dass da fast in der Mehrzahl Omas und Opas gestanden hatten. +++ Ich will jetzt heute viel in diesen Text hineinpacken, das mal vorweg. Und dabei ist mir das Genre der Filmrezension doch eher, wie sagt man – rutschiges Parkett? +++ Sehr schöne Platte da oben übrigens: Ei ohne Salz von Ilse Paradies. In seiner trockenen Eleganz vergleichbar vielleicht, wenn auch ganz anders: Station to Station, das Album von David Bowie – einem Künstler, über den es heute zu reden gilt. +++ Moonage Daydream, eigentlich kann ich gar nicht viel darüber sagen: Großartiger Film, Sound- und Bildgewitter – dachte ich gestern, halb im Glücksrausch versunken. +++ Der Autor Detlef Kuhlbrodt hatte da mal etwas Kluges gesagt. Das war bei ’ner Lesung, und da war dann noch so ’n anderer Typ gemeinsam mit ihm auf dem Podium, ein irgendwie etwas jüngerer. Der hatte gemeint, er habe David Bowie bis dato gar nicht gekannt. Habe sich aus gegebenem Anlass nun aber durch die Alben gehört – jetzt wisse er, worum es geht. Und Kuhlbrodt meinte, das wisse er eben nicht. Und das fand ich gut. Das wäre dann ja, sagen wir mal, als würde ich mich durch die Platten von Zarah Leander hören oder von Walther von der Vogelweide. Und dann wüsste ich plötzlich, wie das damals alles so war. +++ Nein, nein, mein Freund! +++ Als kleiner Steppke war ich ja ganz zuerst, wenn ich das noch richtig zusammenkriege: David-Cassidy-Fan – und natürlich T. Rex! Bis mein großer Bruder sich ’73 dann Aladdin Sane selber zu Weihnachten schenkte. Ganz modern über einen Plattenversand damals, analoger Online-Handel sozusagen: Oft waren die Cover am Rand dann etwas eingedrückt, das war immer sehr ärgerlich – aber so fing das an mit David Bowie und mir. +++ Time zum Beispiel werde ich auf meiner Beerdigung spielen, aber bitte nicht nachmachen! +++ Eigentlich redet Bowie die meiste Zeit in dem Film, und das ist auch gut so. Ich würde mir ungern zum Beispiel einen Film ansehen mit Kubicki, wo der die ganze Zeit labert. Oder Andrea Nahles. Oder anderthalb Stunden Friedrich Merz, alter Gevatter! +++ Arbeitstitel zu dem Plattencover heute da oben war übrigens immer Golden Years, wegen des BMWs. +++ Zum Beispiel hatte ich immer gehadert – Josef hadert, der alte Witz. +++ Jedenfalls habe ich immer mit mir gehadert, dass ich ja nur wie ein verwöhntes, dickes Kind herumsitzen musste – und alles was wichtig war, das war mir vom großen Bruder portionsweise serviert worden: Bowie, Stones, Lou Reed, Blondie, Ramones, Television, Kubrick, was es da alles so gab. Dass ich nichts von alleine. Und Bowie spricht nämlich auch über seinen älteren Bruder, den Halbbruder Terry, eine tragische Figur. Der jedenfalls habe ihn an viele Sachen herangeführt, die er (Bowie/Anm.d.Red.) sonst nicht kennengelernt hätte: „Wie ältere Brüder das halt tun“, oder so ähnlich, sagt Bowie. +++ Muss man vielleicht gar nicht hadern…

 

Überschrift inspired by: Moonage Daydream (Dokumentation) © Brett Morgen (Drehbuch/Regie), UK/D 2022

Überschrift also inspired by: Ei ohne Salz © Ilse Paradies, 2022

Lyrics: Rock ’n‘ Roll Suicide © David Bowie, 1972

Kino International | Premierenkino der DDR, eröffnet 1963 | Karl-Marx-Allee 33 | Berlin-Mitte

Station to Station © David Bowie, 1976

Morgens leicht, später laut: Singles © Detlef Kuhlbrodt/Suhrkamp Verlag, 2007

Tränen lügen nicht © Michael Holm, 1974 (Soleado-Cover)

Rock Me Baby © David Cassidy, 1972

Metal Guru © T. Rex, 1972

Aladdin Sane © David Bowie, 1973

Time © David Bowie, 1973

Golden Years © David Bowie, 1976

Wilde Maus (mit u.a. Josef Hader) © Josef Hader (Drehbuch/Regie), AT/D 2017

Terence ‚Terry‘ Burns (* 5. November 1937 in Royal Tunbridge Wells/Kent, England; † 16. Januar 1985 in London), Halbbruder von David Bowie