Blue Skies / Tausende strömen nach Lanz‘ Verhaftung zu den Geldautomaten.

Männer, die aufs Wasser schauen (Foto-Serie, Postkarte zur Ausstellung) © Lars Wagner, 2017

 

 

Ein Schritt nur, vor uns ist die See, dahinter liegt New York. +++ Das jedenfalls ist gestern passiert: Ich war gerade dabei, meinem Sohn eine halbherzige Standpauke zu halten, ungefähr am Büro der Partei. Wir waren auf dem Weg zu einer Ausstellung, da plötzlich sprach von hinten der geschätzte Autor meinen Namen. Beschämt lächelnd erklärte ich mich, ich hielte meinem Sohn gerade eine spießige Standpauke. Weil ich für die Finissage ihm extra ein frisches T-Shirt angezogen – und er es auf den ersten zweihundert Metern direkt wieder eingesaut hatte. +++ Kann man – in gerade mal fünf Wochen Blogabstinenz – blogposten verlernen wie Radfahren? +++ Der Autor schmunzelte, das sei aber eine Leistung. Das letzte Mal hätten wir uns wohl gesehen, da standen wir gemeinsam auf der Gästeliste der Sparks im SchwuZ. This Town Ain’t Big Enough for Both of Us. Der Vermutung bin ich eben kurz nachgegangen: Es gibt eine Konzert-Doku genau dieser Show auf arte, wir hatten uns damals leise über den Kameraassistenten amüsiert, der musste die komplette Konzertlänge lang die Kamera von links nach rechts und wieder zurück schieben, anderthalb Stunden, der Mitschnitt ist von 2017 – das passt. +++ Was zwei Tage vorher passiert war: Auf dem Nachhauseweg von der Spree in Charlottenburg ging mein Ehrgeiz auf ein kühles Feierabendbier, ich wollte gerade schnell in den Admiralbrückenspäti an der – Sie ahnen es schon. An der Admiralbrücke, im Augenwinkel, erkannte ich Sascha David Joao – trotz Dunkelheit und Ewig-nicht-gesehen. Ich hatte mal bei ihm ausgestellt – was ich allerdings nicht wusste: seit ein paar Jahren ist er Mitbetreiber einer Galerie in der Kohlfurther Straße, schräg gegenüber des Griechen in der Kreuzberger Weltlaterne. +++ Sascha David Joao meinte, die Ausstellung würde mir gefallen, und das tat sie dann auch: Der Fotograf Lars Wagner hatte in Portugal einst Männer undercover von hinten fotografiert, die auf den Atlantik schauen. Darüber könnte man eine psychologische Abhandlung schreiben – die Serie hatte es 2021 sogar in die mare geschafft, die Kulturzeitschrift der Meere. +++ Und so hatten Otto und ich auf den allerletzten Drücker die Fotos gestern gerade noch gesehen – morgen schon eröffnet die nächste Ausstellung…

 

Überschrift inspired by: Blue Skies (Roman, dt. Übersetzung) © T.C. Boyle/Hanser Literaturverlage München, 2023

Überschrift also inspired by: Tausende strömen nach Lanz‘ Verhaftung zu den Geldautomaten © das Internet, 2023

Überschrift also inspired by: Markus Josef Lanz (* 16. März 1969 in Bruneck, Südtirol), italienisch-deutscher Fernsehmoderator 

Lyrics: Vier Stunden vor Elbe 1 (dedicated to Helga Feddersen) © Element of Crime, 1991

Die Partei | Büro Friedrichshain-Kreuzberg | Admiralstraße | Berlin-Kreuzberg

Berlin © Ideal, 1980

Morgens leicht, später laut (Texte) © Detlef Kuhlbrodt/Suhrkamp, 2007

This Town Ain’t Big Enough for Both of Us © Sparks, 1974

Warum schauen Männer aufs Meer © Lars Wagner/mare, Ausgabe 140 (Juni/Juli), 2021

Sparks | live | SchwuZ | Rollbergstraße 26 | Berlin-Neukölln | 6. Oktober 2017

tunnel19 e.V. | Galerie für Fotografie | Kohlfurther Straße 42 | Berlin-Kreuzberg

Moonage Daydream / Ei ohne Salz

Fiktives Vinyl: Ilse Paradies – Ei ohne Salz © Kai von Kröcher, 2006/2022

 

You walk past a cafe but you don’t eat when you’ve lived too long. +++ Kommt ja jetzt echt nicht oft vor, dass ich ins Kino geh‘. Als Spätgebärender schon mal erst recht nicht. Immer noch toll, dieses International – Sozialismus von der erhabenen Seite. Und als im Großen Saal gestern das Licht ausging, da hatte ‚man‘ fast seine Irritation schon vergessen. Dieses Stutzen darüber, dass an der Kinokasse da unten, nicht nur vom Feeling her. Dass da fast in der Mehrzahl Omas und Opas gestanden hatten. +++ Ich will jetzt heute viel in diesen Text hineinpacken, das mal vorweg. Und dabei ist mir das Genre der Filmrezension doch eher, wie sagt man – rutschiges Parkett? +++ Sehr schöne Platte da oben übrigens: Ei ohne Salz von Ilse Paradies. In seiner trockenen Eleganz vergleichbar vielleicht, wenn auch ganz anders: Station to Station, das Album von David Bowie – einem Künstler, über den es heute zu reden gilt. +++ Moonage Daydream, eigentlich kann ich gar nicht viel darüber sagen: Großartiger Film, Sound- und Bildgewitter – dachte ich gestern, halb im Glücksrausch versunken. +++ Der Autor Detlef Kuhlbrodt hatte da mal etwas Kluges gesagt. Das war bei ’ner Lesung, und da war dann noch so ’n anderer Typ gemeinsam mit ihm auf dem Podium, ein irgendwie etwas jüngerer. Der hatte gemeint, er habe David Bowie bis dato gar nicht gekannt. Habe sich aus gegebenem Anlass nun aber durch die Alben gehört – jetzt wisse er, worum es geht. Und Kuhlbrodt meinte, das wisse er eben nicht. Und das fand ich gut. Das wäre dann ja, sagen wir mal, als würde ich mich durch die Platten von Zarah Leander hören oder von Walther von der Vogelweide. Und dann wüsste ich plötzlich, wie das damals alles so war. +++ Nein, nein, mein Freund! +++ Als kleiner Steppke war ich ja ganz zuerst, wenn ich das noch richtig zusammenkriege: David-Cassidy-Fan – und natürlich T. Rex! Bis mein großer Bruder sich ’73 dann Aladdin Sane selber zu Weihnachten schenkte. Ganz modern über einen Plattenversand damals, analoger Online-Handel sozusagen: Oft waren die Cover am Rand dann etwas eingedrückt, das war immer sehr ärgerlich – aber so fing das an mit David Bowie und mir. +++ Time zum Beispiel werde ich auf meiner Beerdigung spielen, aber bitte nicht nachmachen! +++ Eigentlich redet Bowie die meiste Zeit in dem Film, und das ist auch gut so. Ich würde mir ungern zum Beispiel einen Film ansehen mit Kubicki, wo der die ganze Zeit labert. Oder Andrea Nahles. Oder anderthalb Stunden Friedrich Merz, alter Gevatter! +++ Arbeitstitel zu dem Plattencover heute da oben war übrigens immer Golden Years, wegen des BMWs. +++ Zum Beispiel hatte ich immer gehadert – Josef hadert, der alte Witz. +++ Jedenfalls habe ich immer mit mir gehadert, dass ich ja nur wie ein verwöhntes, dickes Kind herumsitzen musste – und alles was wichtig war, das war mir vom großen Bruder portionsweise serviert worden: Bowie, Stones, Lou Reed, Blondie, Ramones, Television, Kubrick, was es da alles so gab. Dass ich nichts von alleine. Und Bowie spricht nämlich auch über seinen älteren Bruder, den Halbbruder Terry, eine tragische Figur. Der jedenfalls habe ihn an viele Sachen herangeführt, die er (Bowie/Anm.d.Red.) sonst nicht kennengelernt hätte: „Wie ältere Brüder das halt tun“, oder so ähnlich, sagt Bowie. +++ Muss man vielleicht gar nicht hadern…

 

Überschrift inspired by: Moonage Daydream (Dokumentation) © Brett Morgen (Drehbuch/Regie), UK/D 2022

Überschrift also inspired by: Ei ohne Salz © Ilse Paradies, 2022

Lyrics: Rock ’n‘ Roll Suicide © David Bowie, 1972

Kino International | Premierenkino der DDR, eröffnet 1963 | Karl-Marx-Allee 33 | Berlin-Mitte

Station to Station © David Bowie, 1976

Morgens leicht, später laut: Singles © Detlef Kuhlbrodt/Suhrkamp Verlag, 2007

Tränen lügen nicht © Michael Holm, 1974 (Soleado-Cover)

Rock Me Baby © David Cassidy, 1972

Metal Guru © T. Rex, 1972

Aladdin Sane © David Bowie, 1973

Time © David Bowie, 1973

Golden Years © David Bowie, 1976

Wilde Maus (mit u.a. Josef Hader) © Josef Hader (Drehbuch/Regie), AT/D 2017

Terence ‚Terry‘ Burns (* 5. November 1937 in Royal Tunbridge Wells/Kent, England; † 16. Januar 1985 in London), Halbbruder von David Bowie