A Ecke O / Das große Silvester-Preisrätsel.

Dürften Sie eine Straßenkreuzung sein: Adalbert- Ecke Oranienstraße (Oktapolaris) © Kai von Kröcher, 2020

 

Ein Nachbar streut Salz auf die spiegelnden Straßen. +++ Stimmt nicht. +++ Auch eine merkwürdige Truppe, diese Blumfeld, werd ich nicht schlau draus. +++ Ist unser Mann bei Universal heute zufällig online? Ich würde jetzt nämlich, also, ich wäre bereit. Würde mein Œuvre verkaufen wollen, den kompletten Katalog, sozusagen. Wenn Sie denn Bildrechte überhaupt nehmen, da bin ich jetzt überfragt. Wäre zumindest ein interessantes Spekulationsobjekt: Der ganze Kladderadatsch, um den Ernst aus dem Anliegen zu nehmen. Alles zusammen also für ein etwa knappes Hundertstel von dem, was Sie meinen Quellen zufolge dem Sänger Bob Dylan neulich für seine Songrechte gezahlt haben? Klingt erst einmal übertrieben viel für einen Nachwuchskünstler, das müsste man durchrechnen. +++ Okay. +++ Apropos Fotos: Ende letzten Jahres war hier ja eine vielbeachtete Weihnachtsverlosung ausgerufen worden, das Bild Altenheim Böckhstraße seinerzeit ging in die Löwenstadt an der Oker. +++ Haben Sie zufällig schon einmal den Ausdruck gehört, es geht einem was unter die Haut? Sagt man ja gerne mal so, das übliche Geschwätz von der Straße. Allerdings gestern, ich saß gerade an dem Bild heute hier oben, an der Schrift sozusagen. Voll konzentriert, Zungenspitze zwischen den Zähnen. Neben dem Ohr, nah im Hintergrund, lief von KEØMA der Song Protected. Jetzt werden Sie vielleicht denken, was hört der für ’ne Kacke, doch darum geht es hier nicht. Obwohl ich auf den Fokus fokussiert an meinem Bild oben saß, schob sich ein weiteres Bild vor mein geistiges Auge: Mit zwei scharfen Spachteln, vielleicht im OP-Raum – man löste meine Haut oder so in der Art von Knochen und Fleisch. Vorsichtig wurde sie angehoben – und dann schob sich die Stimme Kat Frankies lautlos und dunkel dazwischen, floss in mich hinein. +++ Lange Rede, kurzer Sinn – das Preisrätsel 2020 mit großer Bilderverlosung, Sie ahnen es schon: Die Bilderverlosung muss aus Gründen von Covid19 in diesem Jahr leider ausfallen – und dennoch bleibe ich stoisch dabei: die meisten Menschen mit Maske wirken attraktiver auf mich als einfach nur mit Gesicht.

 

Überschrift inspired by: A Ecke O © Winson, 2004

Überschrift also inspired by: Das große Silvester-Preisrätsel 2019

Lyrics: Schnee © Blumfeld, 2006

Protected © KEØMA, 2016

Speaking of the Devil / Die Klassik der Handyfotografie neu entdecken.

Look Back in Anger: Jannowitzbrücke now and in ’36 © Kai von Kröcher, 2020

 

Hear this Robert Zimmermann, I wrote a song for you. +++ Erinnern Sie sich eigentlich noch an das Lied Wenn i mit dir doanz von Nicki? +++ Die Sängerin Nicki übrigens hieß mit bürgerlichem Namen Doris Hrda und war (oder doch eigentlich ist) die gemeinsame Tochter von Alfred Hrdlicka und dem gebürtigen Braunschweiger Bundesliga-Profi Wolfgang Grzyb. +++ Stimmt nicht. +++ Ich kam mit der S-Bahn heute aus Köpenick, die Kunst unterstützen. Den S-Bahnhof Jannowitzbrücke mit seiner Geschichte und Bob Dylan mit seiner Verbindung dazu, das hatten wir neulich ja gerade erst. Jetzt aber holte ich mein Smartphone von Aiweiwei aus der Manteltasche und schoss ein paar Repros, wie wir Fotografenkollegen gerne zu sagen pflegen. Mal bierernst, mal im Scherz. Ich liebe diese historischen Aufnahmen da unten in der U-Bahn. Sie führen einem vor Augen, wie scheiße das meiste hier oben im Hier und Jetzt jetzt aussieht. Wobei die Chinesische Botschaft noch immer ein maoistischer Hingucker ist. +++ Am 30. August 1975 übrigens bekam Wolfgang Grzyb eine Rote Karte gezeigt im Spiel gegen – das müsste man noch einmal separat recherchieren. Grund hierfür allerdings war weder ein Foul noch ein Handspiel; Grzyb hatte sich damals als Grund einfach mit Manfred Scheffner aus Nußloch angelegt. +++ Von allen Fotos da unten an der Jannowitzbrücke gefallen mir die von 1936 tatsächlich am allerbesten. The Glorious Nazi Years – nicht einmal zehn Jahre später, da erzähle ich Ihnen nicht Neues…

 

Überschrift inspired by: Speak of the Devil © Chris Isaak, 1998

Bildunterschrift inspired by: Look Back in Anger © David Bowie, 1979

Lyrics: Song For Bob Dylan © David Bowie, 1971

Wenn i mit dir tanz © Nicki, 1986

Doris Andrea Hrda (* 2. November 1966 in Plattling, Landkeis Deggendorf), dt. Schlagersängerin

Alfred Hrdlicka (* 27. Februar 1928 in Wien; † 5. Dezember 2009 ebenda), österreichischer Bildhauer, Zeichner, Maler, Grafiker, Schachspieler und Schriftsteller

Wolfgang Grzyb (* 29. Juli 1940 in Braunschweig; † 7. Oktober 2004 ebenda), dt. Fußballspieler, u.a. Deutscher Meister mit Eintracht Braunschweig 1967

Jannowitzbrücke / Der Tod ist ein Meister aus Deutschland.

Wohin soll das führen: S-Bhf. Jannowitzbrücke (Panoramadrama) © Kai von Kröcher, 2020

 

Hard turns, shit deals, old friends. +++ Auf der Suche nach Bandnamen stolpere ich hin und wieder auch über das Wort Freizeitangebot, ich rechne dem Chancen aus. +++ „Sag, was ist das für eine Beatband?“, um es mit dem Fuchs, der Eule oder der Schlange im Grüffelo zu sagen: Ja, oder was könnte dieser Freizeitangebot zum Beispiel auch für ein Einzelinterpret sein? +++ Dieses Lied dieser Geierkombo von Annenmaykantereit, das ich neulich lobend und gleichzeitig peinlich berührt. Das ich da letztens erwähnt hatte. Das lief eben im Radio, und dieses Mal wusste ich auch, woran es mich beim ersten Mal Hören erinnert hatte: Lay Lady Lay von Bob Dylan. +++ Als hätte ich gemeinsame Erinnerungen mit Bob Dylan. +++ Bob Dylan, der als gebürtiger Robert Zimmermann übrigens ein Urgroßneffe des Berliner Baumwollfabrikanten Christian August Zimmermann ist. Jannowitz, wollte ich sagen – nicht Zimmermann: Christian August Jannowitz, der sozusagen den Bau damals der nach ihm benannten Brücke initiierte, hier schließt sich der Kreis. +++ Das ältere Paar da am rechten Bildrand, man erkennt es hier kaum – gerade hatte ich eine Assoziation, das soll jetzt bloß aber nicht geschmacklos sein oder klingen. Ich dachte an ein älteres Ehepaar, das hatte ich in irgendeinem Film mal gesehen. Da sitzt ein älteres Ehepaar ganz friedlich auf einer Parkbank, ein fast schon idyllisches Bild. Ganz bekannt, aber ich komme nicht drauf – ist das Holocaust? Dann aber kommt man näher und man sieht, die beiden sind tot. Vor ihrer Abholung und Deportation mit, sagen wir mal, Schlaftabletten selbst vergiftet. +++ Heute morgen im Radio hatten sie gesagt, das kommt jetzt ein bisschen Oberschüler-intellektuell angehaucht. Sie hatten gesagt, vor einhundert Jahren wurde Paul Celan geboren, den Nachnamen unterstreicht mein Rechtschreibprogramm mit dem Rotstift als Fehler – Annenmaykantereit allerdings auch. +++ Untertitel des Bildes heute: Wohin soll das führen mit der verdammten Panoramafotografie?!

 

Überschrift inspired by: Jannowitzbrücke (Berlin-Mitte), erstmals erbaut 1822, verändert und zerstört, neu wieder aufgebaut, verbindet Luisenstadt und Stralauer Viertel.

Überschrift also inspired by: Todesfuge (Gedicht) © Paul Celan, 1944/45

Lyrics: Funny Treats © Get Well Soon, 2020

Der Grüffelo (The Gruffalo, Kinderbuch) © Julia Donaldson/Axel Scheffler, 1998

Gegenwart © Annenmaykantereit, 2020

Lay Lady Lay © Bob Dylan, 1969

Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiss (vierteilige TV-Miniserie) © Marvin J. Chomsky (Regie), USA 1978

Paul Celan (* 23. November 1920 als Paul Antschel in Czernowitz, Rumänien; † verm. 20. April 1970 in Paris, Suizid), deutschsprachiger Lyriker

Den Wald vor Bäumen / … ein Konsumkritiker räumt einen Fehler ein.

Brutally finnish: Gin-Werbung auf der Karl-Marx-Straße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

So riecht Neukölln: U-Bhf. Schönleinstraße © Kai von Kröcher, 2020

Nur eine Reflexion: Das alte C&A-Kaufhaus in der Schaufensterscheibe des neuen © Kai von Kröcher, 2020

Rathaus Neukölln: Das Leben ist eine Karl-Marx-Straße © Kai von Kröcher, 2020

 

Die mit dem Kaufhauspunk und hannoveranischem Rock’n’Roll: ihr wählt doch sonst auch immer das Falsche, wenn ihr die Wahl habt. +++ Vielleicht hätte ich mir besser ein Auto gekauft, einen Toyota Corolla vielleicht – davon hätte ich mehr Ahnung gehabt: Aber dass man sich einfach kein Huawei-Handy „holt“, wenn Mann eh schon Apple zu Hause hat – auf diese geile Idee kam ich ganz ohne Quatsch erst gestern am Mittag. Und ein bisschen frustriert dachte ich da so im Stillen: ‚Dir kann man beim Gehen aber auch echt die Schuhe besohlen!‘ +++ Andererseits hatte ich mir bei meinem Vertragsabschluss immerhin so gedacht: ‚Wenn ich jetzt schon mit Kinderarbeit d’accord gehe, dann will ich wenigstens nicht immer nur Apple supporten!‘ +++ Don’t think twice! +++ Ich dachte immer, der Song sei von Elvis, der konnte ja echt gut singen. Das Original aber ist von Robert Dylan, man lernt nie aus. +++ Apropos: Neulich hatte ich mir mal so eine Liste angesehen, die beliebtesten Vornamen des Jahres 2019. Nicht, dass Otto plötzlich noch so was wie Cindy ist oder Mandy und solche Schosen. Kinder sollten schließlich etwas Besonderes sein. Otto fand sich zu meiner Verwunderung dann trotzdem noch ziemlich weit vorn, nämlich auf Platz 244. Um einiges erstaunlicher aber fand ich dann allerdings: Nur elf Chartplatzierungen dahinter, nämlich auf Rang 255, fand sich mein eigener Name – Kai. Das hat mich dann schon überrascht. Ich dachte, Kai klänge den jungen Leuten mittlerweile vielleicht so im Ohr wie bei uns früher Heinz oder Horst. +++ Aber mitnichten! +++ Horst dürfte meiner Einschätzung nach übrigens das nächste ganz große Ding werden. +++ Ist aber letztlich auch schnuppe, das mit dem Smartphone. Habe bis vorgestern mit meinem hellblauen Nokia TA-1034 gelebt und trotzdem aus Frust nicht gleich die AfD gewählt. Und mit dem neuen Teil will ich nur hin und wieder mal ein Foto bei Instagram reinstellen, das ist nämlich der momentan heißeste Scheiß. Und dass ich beim nächsten Mal nachts in Chemnitz nicht mit einem Falk-Plan herumirre. +++ Hatte ich die Geschichte erzählt, wie ich damals den Bahnhof gesucht habe, weil nachts da ein DJ ankam? Und den Bahnhof gab es in meinem Plan nicht? Da kriegt Mann dann irgendwann doch irgendwie kalte Füße, eine verflixt unangenehme Situation. +++ Handyfotos machen mir keinen Spaß, aber immerhin habe ich endlich jetzt einmal den U-Bahnhof Schönleinstraße fotografiert: der riecht zwar atemberaubend nach Pisse, die Werbeflächen aber sehen seit einem Jahr ganz hervorragend aus… +++ Und nun als Letztes die Frage: Schönleinstraße – riecht der nach Kreuzberg oder Neukölln?

 

Lyrics: Ich möchte nicht, dass ihr meine Lieder singt © Jan Delay, 2001

Don’t Think Twice, It’s All Right © der King, 1971 (Cover)

Absolute Giganten (mit Frank Giering, Antoine Monot, Jr., Florian Lukas u.a.) © Sebastian Schipper (Regie), D 1999