One of these Days / I’ve Got Dreams to Remember.

Hotter than July: One of these Days (Oktapolaris, Rohfassung) © Kai von Kröcher, 2021

 

Ich sage zu Montag: „Sie müssen sich einen heißen Sommertag vorstellen, August oder Juli, alles stöhnt unter der Hitze, und zwar einen Sonntag.“ +++ Sie kommen eines Tages also da irgendwo raus aus dem Übungsraum, Tonstudio; nicht nur ein paar neue Demo-Tapes haben Sie aufgenommen, auch etwas bahnbrechend Neues erfunden in dieser Nacht: Musik komplett ohne Gitarre und auch ohne Schlagzeug, ohne menschliche Stimme – alles nur Synthesizer und Drum-Computer, der Gesang vom Vocoder verfremdet, durch den Phaser gejagt. Sie sind sich nicht sicher, irgendwie klingt es ganz gut, interessant. Also arbeiten Sie weiter an dieser Idee. Und dann kommt dieser eine da an, der kennt sich ein bisschen aus mit Musik. Und der sagt: „Hör dir mal die Schallplatte Autobahn an!“ +++ Unwissenheit schützt halt vor Strafe nicht. +++ An einem schneidend heißen Tag Anfang Juli hatten wir uns an dieser Holzüberführung (oben) getroffen. Bastian war gerade aus den Staaten zurück, wie Sie gerne manchmal noch sagen. Sieben Wochen waren geplant, 16 Monate daraus geworden. Corona, Lockdown und Präsident Trump. Ich hatte gefragt, ob er so ’ne Art Kulturschock bekommen hat, als er hier wieder ankam. Und dabei den Schauspieler Peter Simonischek zitiert: In einem Interview irgendwo hatte der Österreicher gesagt, Berlin sei die Abwesenheit jeglichen Charmes, oder so ähnlich. Den spüre ich hier ehrlich gesagt auch nur noch selten. Darüber sprachen wir, als wir die Treppe zum Steg hinaufwandelten. +++ Epischer Traum, letzte Nacht. Schlafforscher reden ja immer davon, Träume seien in echt nur ganz kurz: Minuten, Sekunden, Trilliardenbruchteile. Meiner dauerte von 04:16 bis 06:09 Uhr in der Früh, ohne Quatsch – ziemlich verrücktes Zeug! +++ Über die Holzbrücke (Foto) bin ich schon tausende Male in der U1 oder U3 oben hinweg geschwebt, unter ihr mit dem Auto hindurch. In Zeiten der autogerechten Stadt. Manchmal auch auf dem Ausflugsdampfer vorbeimäandert. Auf dem Steg selbst aber bin ich niemals gewesen, auf den hatte mich erst vor kurzem mein werter Sohn Otto stoßen müssen – toller Ort, lassen Sie Ihren scheiß Müll bitte nicht liegen! +++ Jedenfalls, als wir fertig waren mit Fotografieren, da standen wir noch ein bisschen am Brückengeländer und plauderten. Bastian am Geländer, ich etwa einen Meter vom Geländer weg. Es war da oben kaum etwas los, die Hitze, selten kam einer vorbei. Ahnt man ja schon auf dem Foto. Wir sprachen über Amerika: Ich hatte immer gedacht, Austin in etwa sei von der Größe Peines, nur eben in Texas – dabei hat es fast eine Million. +++ Wir stehen da also und reden, vom Ende des Stegs her kommt langsam ein Radfahrer angerollt – gekleidet in grauen Anzug, Sonnenbrille und Sturzhelm. Kommt straight auf mich zu. Ich denke, gleich hält er an, gleich wird er sagen, „Ey, sag mal, Alter – bist du nicht?!“ Er kommt immer näher, nur noch knapp eine Handbreit. Bremst aber nicht, reißt im letzten Moment seinen Lenker herum, schnauzt mich an, ob ich nicht Platz machen kann. +++ So viel nun zu Peter Simonischek, die Brücke ist vier oder fünf Meter breit. +++ Dafür gibt es in Texas andere Merkwürdigkeiten, den Hand-auf-der-Motorhaube-Wettbewerb beispielsweise. Darüber hat Bastian einen Spielfilm gedreht: One of these Days. Bei den Berliner Filmfestspielen 2020 hatte der schon Premiere. Sollte letztes Jahr schon ins Kino kommen, muss man mal abwarten wegen Corona – nominiert für den Deutschen Filmkunstpreis 2021. +++ Bastian Günther hat heute Geburtstag.

 

Überschrift inspired by: One of these Days (Filmdrama, Musik: The Notwist) © Bastian Günther (Drehbuch, Regie), D 2020

Überschrift also inspired by: I’ve Got Dreams to Remember © Otis Redding, 1968

Bildunterschrift inspired by: Hotter than July © Stevie Wonder, 1980

Textauszug: Irreführung der Behörden (Roman) © Jurek Becker, 1973 VEB Hinstorff Verlag Rostock

Autobahn © Kraftwerk, 1974

Peter Maria Simonischek (* 6. August 1946 in Graz), österreichischer Schauspieler, zuletzt u.a. Toni Erdmann 

Rudi © Herwig Mitteregger, 1983

Bad Bunny / Ich fahr‘ jeden Tag nach Mendocino.

Straße der Romantik: Is this the Way to Amarillo (A100) © Kai von Kröcher, 2020

 

Don’t need an egomaniac in my life to drive me wild. +++ Was man in den Medien so hört, ist Bad Bunny aus Puerto Rico der meistgestreamte Künstler des Jahres bei Spotify, wahrscheinlich habe ich einfach den Anschluss verpasst. +++ Ist das jetzt gut oder schlecht? +++ Straße der Romantik ist der Untertitel dieses Bildes, es entstand an der Sonnenallee in Blickrichtung Süden am Ausbau des Autobahnteilstück des Stadtrings A100. Was für ein langes Wort! Wenn ich es recht bedenke, hatte auch Regisseur Ralf Beyerle vor gar nicht so allzu langer Zeit einen Film mit dem Titel Mendocino gedreht. Aber auch das stimmt schon wieder nicht, fällt mir gerade auf: Ralf Beyerle vor Jahren „lief“ einmal auf dem Wettbewerb von Mendocino – das nämlich ist der Michael-Holm-Bezug, das war mir doch irgendwo noch in Erinnerung. +++ Mendocino werfe ich seltsamerweise immer in einen Topf mit Sacramento von Middle of the Road oder mit Amarillo. +++ Nachspiel (Aftermath) damals übrigens war ein sehr guter Film. +++ Jetzt muss ich aber gleich los, die Konkurrenz schläft nicht…

 

Überschrift inspired by: Bad Bunny (* 10. März 1994 als Benito Antonio Martínez Ocasio in San Juan), aus Puerto Rica stammender Latin-Trap- und Reggaeton-Sänger

Überschrift also inspired by: Mendocino © Michael Holm, 1969 (Cover)

Bildunterschrift inspired by: Is This the Way to Amarillo © Tony Christie, 1971

Lyrics: Free © SAULT, 2020

Nachspiel (Aftermath, Kurzspielfilm) © Ralf Beyerle (Drehbuch/Regie), D 2015

Sacramento © Middle of the Road, 1971