3-5-7-9 on a double white line / Das Fahrrad.

2 – 4 – 6 – 8 – Motorway: Oktapolare Fotografie feat. Greta Kurita (Messe-Nord) © Kai von Kröcher, 2021
Liebe lässt von Liebe nicht, ob sie schon muss weichen. +++ Sollten Sie irgendwann dieser Tage zufällig einmal in den Livestream zum sogenannten Autobahnteilabriss („Rückbau Ringbahnbrücke / A100“) hineinzappen, werden Sie sich exakt in dem Streckenabschnitt der Fotografie oben wiederfinden. Nur aus der genau anderen Richtung gefilmt, vom Dach des ICC höchstwahrscheinlich. Schade um diese Auffahrt, auf der wir da stehen. Die vom verkehrstechnischen Nutzen zwar wie ein Blinddarm war. Eine einzigartig distopische Gegend allemal aber – unter dem Gewirr aus Beton- und Asphalttrassen lebten unzählige Obdachlose in parallelweltlichen Kolonien in unmittelbarer Nachbarschaft einer West-Berliner Laubenpieper-Idylle, leerstehend darüber thronend der Panzerkreuzer Charlottenburg. +++ Beunruhigende Zeiten sind das momentan, ich sagte es schon. Jeder Tag wartet mit neuen Fragen auf. Zum Beispiel ist es mir unmöglich herauszufinden, was für ein Lied das ist, gleich zu Beginn des DEFA-Filmdramas Das Fahrrad – vielleicht kennt sich da jemand aus? +++ Apropos. +++ Wie sich nur wenige von Ihnen erinnern, habe ich nach dem Abitur 1985 während der sogenannten „Kampagne“ in der Zuckerfabrik Wierthe gejobbt. Kampagne ist die Zeit rund um die Zuckerrübenernte, das dauerte insgesamt so etwa drei Monate. Da wurde in Schichten rund um die Uhr gearbeitet, die Wochenenden waren gestrichen. Das zog sich bis Weihnachten, bei jedem Wetter stand man draußen im Dreck. Jedenfalls waren wir eine kleine Brigade, vielleicht sechs, sieben Mann. Ein Typ, der hatte so einen roten Seemannsbart. Kurz zuvor erst war er mit seiner Familie aus der DDR ausgereist und hier im goldenen Westen, in der Gemeinde Vechelde, gestrandet. Was wollte ich jetzt erzählen? Irgendwann jedenfalls fragte ihn der eine junge Hilfsarbeiter: „Und, wie is‘ es so in der DDR?“ Man müsste vielleicht noch dazusagen, der war jetzt nicht gerade der Allerhellste unter den Hilfsarbeitern. Doch ich habe das damals schon als zutiefst sinnbildlich empfunden, für was auch immer. Er fragte den Rotbärtigen also: „Und, wie is‘ es so in der DDR?“ Und bevor Barbarossa auch nur reagieren konnte, schob er die Antwort gleich selbst hinterher: „Scheiße, wa?!“ +++ Heute früh übrigens hatte ich eine Art seherische Erleuchtung: Donald Trump wird, anders als von den meisten erwartet, auf dem elektrischen Stuhl enden.
Überschrift inspired by/Bildunterschrift: 2 – 4 – 6 – 8 Motorway © Tom Robinson Band, 1977
Überschrift also inspired by: Das Fahrrad (DEFA-Drama, Gruppe Babelsberg) © Evelyn Schmidt (Drehbuch/Regie), DDR 1982
Lyrics: vermutl. von Peter Rabenalt (aus dem DEFA-Drama Das Fahrrad, siehe oben)