Behind the Clapperboard / Warum ich.

Oktober November: Martin Gschlacht – 4. Drehtag, Potsdamer Platz 1 (Restaurant Essenza) © Kai von Kröcher, 2012

 

A man in the dark in a picture frame, so mystic and soulful. +++ Vorgestern schaute ich mir dann noch einige Videos von Harry Borden und seinem Sohn an, so dass mich ganz schlagartig die schleichende Angst überkam, ich sei nun womöglich unheilbar internetabhängig. +++ Sowieso süchtig, sah ich mir später auch noch die erste Folge einer Mini-Serie namens Warum ich? in der ARD-Mediathek an. Wurde im Vorfeld ja hochgelobt – und wirklich sah das echt gut aus, das war jetzt nicht Großstadtrevier! Charly Hübner als Schlagersänger, irgendwo am tiefsten Punkt seiner Karriere angekommen, der das in Würde zu meistern versucht. Charly Hübner würde bestimmt niemals auf Kosten derer am Boden spielen, von daher mit gutem Gewissen recht amüsant. +++ Okay, und hier versuchen jetzt zwei Erzählstränge ineinander zu fließen. Dass ich nämlich selbst auch gern einmal Fotografen-Geschichten wie Harry Borden erzählen würde, und zum anderen: der Kameramann der Serie Warum ich? heißt Martin Gschlacht. In diesem Falle ein dankbarer Elfmeter für mich: Martin Gschlacht nämlich hatte ich kennenlernen dürfen während der Dreharbeiten zu Götz Spielmanns Kinodrama Oktober November, das zum überwiegenden Teil zwar in Österreich spielt, dessen Geschichte aber, wenn ich mich recht erinnere, hier in Berlin beginnt. +++ Zu Martin Gschlacht kann ich dann allerdings gar nicht viel sagen, außer, dass er immer sehr konzentriert und eher zurückhaltend war. +++ Das war’s dann also für heute, doch die Geschichte ist damit natürlich noch längst nicht zu Ende – die Fortsetzung birgt durchaus Zündstoff!

 

Überschrift inspired by: Behind the Clapperboard – Facebook-Gruppe mit Fotos von hinter den Kulissen beim Filmdreh

Überschrift also inspired by: Warum ich? (6-teilige TV-Serie) © David Schalko (Drehbuch/Regie), AT 2024

Lyrics: Vienna © Ultravox, 1981

Harry Borden (* 1965 in New York City), engl. Fotograf

Oktober November (Drama mit Ursula Strauss, Nora von Waldstätten u.a.) © Götz Spielmann (Drehbuch/Regie), AT 2013

One of these Days / I’ve Got Dreams to Remember.

Hotter than July: One of these Days (Oktapolaris, Rohfassung) © Kai von Kröcher, 2021

 

Ich sage zu Montag: „Sie müssen sich einen heißen Sommertag vorstellen, August oder Juli, alles stöhnt unter der Hitze, und zwar einen Sonntag.“ +++ Sie kommen eines Tages also da irgendwo raus aus dem Übungsraum, Tonstudio; nicht nur ein paar neue Demo-Tapes haben Sie aufgenommen, auch etwas bahnbrechend Neues erfunden in dieser Nacht: Musik komplett ohne Gitarre und auch ohne Schlagzeug, ohne menschliche Stimme – alles nur Synthesizer und Drum-Computer, der Gesang vom Vocoder verfremdet, durch den Phaser gejagt. Sie sind sich nicht sicher, irgendwie klingt es ganz gut, interessant. Also arbeiten Sie weiter an dieser Idee. Und dann kommt dieser eine da an, der kennt sich ein bisschen aus mit Musik. Und der sagt: „Hör dir mal die Schallplatte Autobahn an!“ +++ Unwissenheit schützt halt vor Strafe nicht. +++ An einem schneidend heißen Tag Anfang Juli hatten wir uns an dieser Holzüberführung (oben) getroffen. Bastian war gerade aus den Staaten zurück, wie Sie gerne manchmal noch sagen. Sieben Wochen waren geplant, 16 Monate daraus geworden. Corona, Lockdown und Präsident Trump. Ich hatte gefragt, ob er so ’ne Art Kulturschock bekommen hat, als er hier wieder ankam. Und dabei den Schauspieler Peter Simonischek zitiert: In einem Interview irgendwo hatte der Österreicher gesagt, Berlin sei die Abwesenheit jeglichen Charmes, oder so ähnlich. Den spüre ich hier ehrlich gesagt auch nur noch selten. Darüber sprachen wir, als wir die Treppe zum Steg hinaufwandelten. +++ Epischer Traum, letzte Nacht. Schlafforscher reden ja immer davon, Träume seien in echt nur ganz kurz: Minuten, Sekunden, Trilliardenbruchteile. Meiner dauerte von 04:16 bis 06:09 Uhr in der Früh, ohne Quatsch – ziemlich verrücktes Zeug! +++ Über die Holzbrücke (Foto) bin ich schon tausende Male in der U1 oder U3 oben hinweg geschwebt, unter ihr mit dem Auto hindurch. In Zeiten der autogerechten Stadt. Manchmal auch auf dem Ausflugsdampfer vorbeimäandert. Auf dem Steg selbst aber bin ich niemals gewesen, auf den hatte mich erst vor kurzem mein werter Sohn Otto stoßen müssen – toller Ort, lassen Sie Ihren scheiß Müll bitte nicht liegen! +++ Jedenfalls, als wir fertig waren mit Fotografieren, da standen wir noch ein bisschen am Brückengeländer und plauderten. Bastian am Geländer, ich etwa einen Meter vom Geländer weg. Es war da oben kaum etwas los, die Hitze, selten kam einer vorbei. Ahnt man ja schon auf dem Foto. Wir sprachen über Amerika: Ich hatte immer gedacht, Austin in etwa sei von der Größe Peines, nur eben in Texas – dabei hat es fast eine Million. +++ Wir stehen da also und reden, vom Ende des Stegs her kommt langsam ein Radfahrer angerollt – gekleidet in grauen Anzug, Sonnenbrille und Sturzhelm. Kommt straight auf mich zu. Ich denke, gleich hält er an, gleich wird er sagen, „Ey, sag mal, Alter – bist du nicht?!“ Er kommt immer näher, nur noch knapp eine Handbreit. Bremst aber nicht, reißt im letzten Moment seinen Lenker herum, schnauzt mich an, ob ich nicht Platz machen kann. +++ So viel nun zu Peter Simonischek, die Brücke ist vier oder fünf Meter breit. +++ Dafür gibt es in Texas andere Merkwürdigkeiten, den Hand-auf-der-Motorhaube-Wettbewerb beispielsweise. Darüber hat Bastian einen Spielfilm gedreht: One of these Days. Bei den Berliner Filmfestspielen 2020 hatte der schon Premiere. Sollte letztes Jahr schon ins Kino kommen, muss man mal abwarten wegen Corona – nominiert für den Deutschen Filmkunstpreis 2021. +++ Bastian Günther hat heute Geburtstag.

 

Überschrift inspired by: One of these Days (Filmdrama, Musik: The Notwist) © Bastian Günther (Drehbuch, Regie), D 2020

Überschrift also inspired by: I’ve Got Dreams to Remember © Otis Redding, 1968

Bildunterschrift inspired by: Hotter than July © Stevie Wonder, 1980

Textauszug: Irreführung der Behörden (Roman) © Jurek Becker, 1973 VEB Hinstorff Verlag Rostock

Autobahn © Kraftwerk, 1974

Peter Maria Simonischek (* 6. August 1946 in Graz), österreichischer Schauspieler, zuletzt u.a. Toni Erdmann 

Rudi © Herwig Mitteregger, 1983