Bonnie and Clyde / Amoureux solitaires dans une ville morte.

Amoureux solitaires: Menschen in der autogerechten Stadt (Triptychon) © Kai von Kröcher, 2018

 

Un peu de beauté plastique pour effacer nos cernes de plaisir chimique pour nos cerveaux trop ternes que nos vies aient l’air d’un film parfait. +++ Liebe in der autogerechten Stadt. Doch was wissen wir schon über das nicht mehr ganz mittelalte Paar, das da unter einem Autobahnzubringer offenbar vom Einkauf zum Parkplatz zurückschlendert? Lassen Sie uns in die beiden Protagonisten hineinprojizieren: Ein spießiges Ehepaar aus einer Einfamilienhaussiedlung am Stadtrand, emotional verkümmert an den Mechanismen des Alltags. Liebe und Hass und Gleichgültigkeit. Ein Geschwisterpaar vielleicht, schutzsuchend auf ewig aneinandergeklammert – weil es in der unwirtlichen Welt dort draußen niemanden zum Anlehnen gibt. Eine heimliche Affäre in der Anonymität der Großstadt. Hemmungslos ausgelebte Sexualität mit Schweinsmasken aus Gummi und lustvollen Qualen – es wird sich vermutlich niemals herausfinden lassen.
Überschrift inspired by: Bonnie and Clyde © Brigitte Bardot & Serge Gainsbourg, 1968
Überschrift also inspired by/Lyrics: Amoureux solitaires © Lio, 1980
Schlangenbadener Straße, Berlin-Wilmersdorf

 

White tie, white noise / I know it’s gonna happen someday.

SCHLANGENBADEN (Krawattenversion) © KAI VON KRÖCHER, 2018

No colours anymore, I want them to turn black. +++ Puh, das Leben kann ziemlich öde sein – fragen Sie Charlie Watts, der kann Ihnen ein Lied davon singen: Immer am selben Bild herumschrauben, da schlafen einem auf Dauer die Füße ein. +++ Da Otto irgendwann ganz sicher nach einer neuen Winterjacke aus lebend gerupfter Canada Goose-Daune verlangen wird – okay, ich hör ja schon auf. +++ Aber mal ganz ohne Quatsch: Erst kommt der Hummer, dann die Moral: Aktuell bin ich gerade am Überlegen, ob ich nicht Krawatten-Designer werden soll. Das Motiv aus der Schlangenbadeanstalt unten in Wilmersdorf – der Schlips böte sich doch für feierliche Anlässe förmlich an. +++ „Förmlich“ ist gut. +++ Apropos, kurz vor Weihnachten 1995, das ist jetzt auch schon wieder 23 Jahre her, kann das sein? Da war ich nämlich tatsächlich, das fällt mir jetzt ein. Da musste ich runter nach Mailand. Ich sollte einen Fernsehbeitrag machen über einen italienischen Krawattenhersteller, der trug selbst keinen Schlips, das sollte der Aufhänger sein. +++ Das war vielleicht ein Fiasko, sage ich Ihnen. +++ Mein Kameramann fuhr einen alten Jaguar, an jeder Seite ein Tank. Der Krawattenhersteller selbst kam natürlich mit Krawatte zum Dreh, ich musste ihn erst noch schnell überreden. Er hatte ein paar Jahre in Deutschland gelebt, ich führte das Interview also als Gimmick auf Deutsch. Beim Sichten des Materials stellten wir hinterher fest, man verstand fast kein Wort. Zwischendrin rief ständig der Redaktionsleiter auf meinem Diensthandy an, ob er schon was zum „Thema Sex“ gesagt hätte. Der Typ war ein stilvoller älterer Herr, ich würde ihn ganz bestimmt nicht zum „Thema Sex“ befragen. +++ Sat.1 nehme den Beitrag ohne Sex aber nicht ab, tobte der Chefredakteur. Dann brach der Winter über Italien ein, auf der Autobahn glaubte ich ständig, der Kameramann würde den Jaguar jeden Moment in die Leitplanke setzen. +++ Am Ende ging aber alles gut: Sat.1 nahm den Beitrag nicht ab, und so wurde ich erst einmal Schuhverkäufer.

Überschrift inspired by: Black Tie, White Noise © David Bowie, 1993

Überschrift also inspired by: I Know It’s Gonna Happen Someday © David Bowie, 1993

Lyrics: Paint It, Black © The Rolling Stones, 1966

Sex