White tie, white noise / I know it’s gonna happen someday.

SCHLANGENBADEN (Krawattenversion) © KAI VON KRÖCHER, 2018

No colours anymore, I want them to turn black. +++ Puh, das Leben kann ziemlich öde sein – fragen Sie Charlie Watts, der kann Ihnen ein Lied davon singen: Immer am selben Bild herumschrauben, da schlafen einem auf Dauer die Füße ein. +++ Da Otto irgendwann ganz sicher nach einer neuen Winterjacke aus lebend gerupfter Canada Goose-Daune verlangen wird – okay, ich hör ja schon auf. +++ Aber mal ganz ohne Quatsch: Erst kommt der Hummer, dann die Moral: Aktuell bin ich gerade am Überlegen, ob ich nicht Krawatten-Designer werden soll. Das Motiv aus der Schlangenbadeanstalt unten in Wilmersdorf – der Schlips böte sich doch für feierliche Anlässe förmlich an. +++ „Förmlich“ ist gut. +++ Apropos, kurz vor Weihnachten 1995, das ist jetzt auch schon wieder 23 Jahre her, kann das sein? Da war ich nämlich tatsächlich, das fällt mir jetzt ein. Da musste ich runter nach Mailand. Ich sollte einen Fernsehbeitrag machen über einen italienischen Krawattenhersteller, der trug selbst keinen Schlips, das sollte der Aufhänger sein. +++ Das war vielleicht ein Fiasko, sage ich Ihnen. +++ Mein Kameramann fuhr einen alten Jaguar, an jeder Seite ein Tank. Der Krawattenhersteller selbst kam natürlich mit Krawatte zum Dreh, ich musste ihn erst noch schnell überreden. Er hatte ein paar Jahre in Deutschland gelebt, ich führte das Interview also als Gimmick auf Deutsch. Beim Sichten des Materials stellten wir hinterher fest, man verstand fast kein Wort. Zwischendrin rief ständig der Redaktionsleiter auf meinem Diensthandy an, ob er schon was zum „Thema Sex“ gesagt hätte. Der Typ war ein stilvoller älterer Herr, ich würde ihn ganz bestimmt nicht zum „Thema Sex“ befragen. +++ Sat.1 nehme den Beitrag ohne Sex aber nicht ab, tobte der Chefredakteur. Dann brach der Winter über Italien ein, auf der Autobahn glaubte ich ständig, der Kameramann würde den Jaguar jeden Moment in die Leitplanke setzen. +++ Am Ende ging aber alles gut: Sat.1 nahm den Beitrag nicht ab, und so wurde ich erst einmal Schuhverkäufer.

Überschrift inspired by: Black Tie, White Noise © David Bowie, 1993

Überschrift also inspired by: I Know It’s Gonna Happen Someday © David Bowie, 1993

Lyrics: Paint It, Black © The Rolling Stones, 1966

Sex

Schlangenbaden / Amoureux solitaires dans une ville morte.

SCHLANGENBADEN © KAI VON KRÖCHER, 2018

We’re running out of time, breath and steam; we’re running down. +++ Okay. +++ So wahnsinnig viele neue Posts „passieren“ zurzeit nicht, jedenfalls nicht hier. +++ Das wird Ihnen schon aufgefallen sein, oder es ist Ihnen egal. Dieses Foto, ich kann es ja sagen. Oder, um es mit Udo Lindenberg auszudrücken: „Der Banddoktor sagt, das ist ja ’n Marathonlauf – und er macht seinen Koffer auf.“ Und so weiter, er gibt einem die Sachen, die einen munter machen. Und so weiter, und so fort. +++ Soll heißen, dieses Foto heute hier, da war ich spontan mit der U-Bahn neulich zum Breitenbachplatz runtergefahren. Kann sein, da war vorher im Fernsehen abends irgendwo mal zufällig Kamikaze 1989 gelaufen, so als Inspiration. Wenn ich nicht stärkstens irre, spielte der in einer eher fiktiven Stadt, zusammengebastelt aus Bildern aus Köln und Berlin. Oder auch Düsseldorf. Da hatte ich davor gesessen und mich am Kopf gekratzt. Heribert Faßbender gehört durchaus zu denen, da muss ich stets aufpassen, den elenden Faden nicht zu verlieren. Ein Schloß am Wörthersee ist mir eigentlich lieber, ganz ohne Quatsch. +++ Snakebathing. +++ Jedenfalls wurde ich eingeladen, im November an einer Gruppenausstellung teilzunehmen, das freut mich natürlich. Und da frage ich so, gibt es ein Thema, irgendwie? Und dann heißt es, ja, Porträts und Menschen, im weitesten Sinne. Oh shit, denke ich, wie soll denn das funktionieren, bei meiner schrecklichen Menschenscheu? Und da fällt mir dann dieses Bild (oben) ein, ein Schnappschuss vom Breitenbachplatz. Da wollte ich nämlich rüberspazieren „zur Schlange“, diesem brutalistischen Wohnklotz über der Stadtautobahn. Das Haus nämlich sieht man auch in dem Fassbinder-Film in seiner Gigantomanie von oben und innen, obwohl – im Internet habe ich gerade gegoogelt, der ist gar nicht von old Fassbinder himself – old Fassbinder himself spielt darin nur die Hauptrolle. +++ „Nur“ ist gut, sage ich Ihnen!

Überschrift inspired by: Schlangenbad, Gemeinde und Heilbad im Rheingau-Taunus-Kreis, Hessen

Überschrift also inspired by: Autobahnüberbauung Schlangenbadener Straße, Wohnkomplex mit 1064 Einheiten und 118 Hobbyräumen, Baubeginn 1970/71

Überschrift desweiteren inspired by: Amoureux solitaires © Lio, 1980

Lyrics: New Dark Age © The Sound, 1981

Honky Tonky Show © Udo Lindenberg & das Panikorchester, 1974

Kamikaze 1989 © Wolf Gremm (Drehbuch, Regie) Rainer Werner Fassbinder (Hauptrolle), D 1982

Heribert Faßbender, deutscher Sportjournalist und -moderator („n’abend, allerseits“), *1941 in Ratingen

Ein Schloß am Wörthersee, 34teilige Fernsehserie mit Roy Black, D/A 1990 – 1992

„Wenn der Teufel dieser Stadt etwas Böses antun will, lässt er noch einmal so etwas wie ‚die Schlange‘ bauen.“ (Richard von Weizsäcker, Regierender von (West-)Berlin, 1981 – 84)