Remnants of Technology / Wir hätten genauso gut tot sein können.

Oktapolare Fotografie: Winterlandschaft mit Hund (Grand Hotel Viktor Orbán) © Kai von Kröcher, 2024

 

I couldn’t live with no one else. +++ „Und – was machen Sie so?!“ „Na, mit Techno.“ „Ach, wie geil.“ +++ Letzte Nacht träumte ich, oktapolare Fotografie gäbe es wirklich. Und dass ich in Frankfurt war, Frankfurt am Main. Und Frankfurt am Main war gar nicht so schlecht, ganz idyllisch – wie man sich Heidelberg vielleicht vorstellt, Rothenburg ob der Tauber. +++ Das Bild oben, irgendwie war das ein Glückstreffer. Ein paar Tage vorher hatte ich das gleiche schon einmal gemacht (guckst du hier): Aufgewacht, aus dem Fenster geschaut, draußen lag etwas Schnee. Die Dämmerung schon fast über den Punkt, dass die Nacht zu Staub zerfällt wie ein verdammter Vampir. Aber der Parkplatz brannte noch, die Laternen zumindest. Als ich beim ersten Mal allerdings endlich unten war und auf den Auslöser zu drücken bereit, gingen gerade die Lichter aus. So ein Bild besteht ja aus einigen hundert Aufnahmen, das dauert schon etwas. Beim zweiten Mal wachte ich zwanzig Minuten früher auf, ungefähr. Wieder Schnee draußen, ein Fünfer im Lotto. Dem Schweinehund in die Nieren getreten, aus dem Bett in die Hosen gesprungen, keine Zähne geputzt, die Lampen noch an. +++ War es das wert? +++ Was ich in Frankfurt gemacht habe, in meinem Traum: Ich habe Flyer abgemalt, so von Technoveranstaltungen. Wie ein Plakatmaler früher beim Kino, große Kunst. Dabei kann ich ja gar nicht malen, doch im Traum sah das super aus, hätte mein Durchbruch sein können. +++ Was man so alles nicht kann! Schlagzeug spielen zum Beispiel, mein Sohn dagegen trommelt jetzt in einer Trommelgruppe. Der hat den Beat – wenn auch nicht mit der Muttermilch aufgesogen, so doch immerhin schon als Spätfötus in nichts Geringerem als dem Mutterleib: Der Werdenden seinerzeit hatte ich zu Weihnachten Unterrichtsstunden geschenkt beim Schlagzeuger der Trash-Metal-Band Space Chaser. Der Schlagzeugkurs zog sich dann über das Jahr – bei einer außerplanmäßigen Frühgeburt wäre Otto prompt in die Bassdrum geplumpst, Spaß muss sein. +++ Haha. +++ Als werdender Helikoptervater jedenfalls hatte ich überflüssigerweise die Pferde scheu gemacht, das sei doch nun langsam schon Kindesmisshandlung. Die Hebamme aber meinte beruhigend, das Kind da in seiner Fruchtblase, das sei vollkommen safe – eigentlich wäre das sogar gut für die Interaktion mit der Außenwelt oder so. +++ Mittlerweile sehe ich Otto in der Tradition eines Stewart Copelands.

 

Überschrift inspired by: Remnants of Technology © Space Chaser, 2021

Überschrift also inspired by: Wir hätten genauso gut tot sein können © Natalia Sinelnikova (Regie), D/RO 2022

Lyrics: So Lonely © The Police, 1978

Stewart Copeland (* 16. Juli 1952 in Alexandria, Virginia/USA), Mitbegründer und Schlagzeuger des engl. New-Wave-Trios The Police

Dead Sun Rising / Reginald Bewster.

Deep Fuck Records: Reginald Prewster – Greatest Hits (Sire) © Kai von Kröcher, 2021

 

Auf der Playlist die eins, das warst du immer – wir sind nicht mehr da, doch bleiben deine Kinder. +++ Manche Leute halten mich ja für einen Blitzmerker, aber da täuschen sie sich: Diese ganzen Shitstürme im Netz hatten mich neulich wahnsinnig müde gemacht. Abends las ich meinem Sohn eine Gute-Nacht-Geschichte vor, löschte das Licht – und schlief dann gleich neben ihm ein. Um dreiundzwanzig Uhr ungefähr allerdings war ich plötzlich hellwach und konnte nicht mehr einschlafen. Meine Gedanken kreisten um Baerbock, wie immer. Und um das Vorstellungsgespräch damals bei Fritz! Und erstmals wurde mir siedend heiß klar, dass, hätte es nicht ausgerechnet zu jener Zeit diese Ost/West-Quote gegeben, dass mein Leben vermutlich ganz anders verlaufen wär‘. Wahrscheinlich wäre jetzt ich mit Kathrin Thüring verheiratet, und nicht Tommy Wosch – das raubte mir förmlich den Schlaf. +++ Erinnert da draußen sich einer an Reginald Prewster? +++ Was haben Griechischer Wein (Udo Jürgens) und Bowies Yassassin gemeinsam? +++ Beides Gastarbeiterhommagen, die ich beide sehr liebe. +++ Neulich baute Otto sein Xylophon auf, und als Basisdemokrat fragte er mich: „Welches Lied soll ich spielen?“ Da hatte ich eine Idee, legte besagte Gastarbeiterhommage des britischen Rockgiganten (Bowie/Anm.d.Red.) auf – und Otto schlug dazu auf sein Holzinstrument ein, frag nicht nach Sonnenschein. +++ Sie werden lachen, aber Ottos Mutter hatte ich, als sie etwa zwischen dem sechsten und achten Monat mit ihm schwanger war. Da hatte ich ihr Schlagzeugunterricht bei Space Chaser-Drummer Matze S. geschenkt. Mit der Hebamme abgesprochen, übrigens: für so ’n Ungeborenes scheint Trommeln okay. Auf jeden Fall hat Otto ein auffallend geschultes Rhythmus- und Taktgefühl, anders als zum Beispiel der Papa. +++ Beim Zubettgehen abends jedenfalls fragte ich ihn: „Wie fandest du eigentlich das Lied vorhin, zu dem du auf dem Xylophon gespielt hast?“ Nach kurzer Bedenkzeit meinte er trocken: „Gar nicht unendlich schön.“ Keine Ahnung, wo er diese snobistische Umschreibung her hat. „Nee?“ (Pause) „Nee.“ (Pause) „Ich fand das unendlich blöd.“ +++ Apropos: So blöd das damals vielleicht auch gelaufen ist bei Fritz! – ich hätte vermutlich jetzt nicht diesen hervorragenden Sohn, neben den man sich einfach kurz mal zum Einschlafen legen kann, wenn einen der ganze andere Mist da draußen wieder mal unendlich ermüdet.

 

Überschrift inspired by: Dead Sun Rising © Space Chaser, 2016

Überschrift also inspired by: Percy Stuart (Fernseh-Serie mit Claus Wilcke – und u.a. Horst Keitel als Rechtsanwalt Reginald Prewster) © ZDF, D 1969 – 1972

Lyrics: Karlshorst © Sind, 2020

Fritz!: Jugendsender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), gegr. 1. März 1993

Griechischer Wein © Udo Jürgens, 1975

Yassassin © David Bowie, 1979