Vagina Dialoques / You’re laughing, we’re carving your name in a tree.

SCHWERE SEE (REVISITED) I © KAI VON KRÖCHER, 2018

SCHWERE SEE (REVISITED) II © KAI VON KRÖCHER, 2018

»Kann man ihn nicht ein bisschen hin und her tragen oder schaukeln?«, fragt Pinneberg. »Ich glaube, ich habe mal gehört, das macht man, wenn kleine Kinder schreien.« »Das fang nur an!«, sagt Lämmchen empört. »Dann können wir überhaupt nichts anderes mehr tun als hin und her zu laufen und ihn wiegen.« »Aber vielleicht heute einmal, wo es sein erster Tag bei uns ist«, bittet Pinneberg. »Er soll es doch nett haben bei uns!« »Ich will dir was sagen«, sagt Lämmchen und ist sehr energisch. »Das fangen wir gar nicht erst an. Hör zu, die Schwester hat gesagt, das Beste ist, ihn durchbrüllen zu lassen, die ganzen ersten Nächte wird er brüllen. Wahrscheinlich …«, schränkt sie das Gesagte mit einem Blick auf ihren Mann noch ein. »Es kann ja auch anders kommen. Und man soll ihn auf keinen Fall aufnehmen. Schaden kann ihm das Brüllen nichts. Und dann gewöhnt er sich daran, dass er durch Brüllen nichts erreicht.« »Naja«, sagt Pinneberg. »Ich finde es aber ziemlich roh.« +++ In einem Punkt muss ich dem Donald Trump, ich finde den ja eigentlich nicht wirklich gut. Aber in der einen Sache, da hat er mal echt keinen Unsinn erzählt: im Winter ist es kälter als im Sommer. +++ Okay, ich hatte neulich geschrieben, den Otto erzögen wir streng nach neuester nationalsozialistischer Erziehungslehre, das war natürlich gelogen. Wer möchte sich ernsthaft vorstellen wollen, sein kleiner Murkel würde später womöglich einmal so wie der Höcke. +++ Bei dem Krawattenbild neulich, da dachte ich hinterher, könnte auch gut und gern eine weibliche Scheide sein: „Muschi aus Spannbeton“ – würde sich super verkaufen. +++ Ginge es nur ums Verkaufen, wäre ich Gebrauchtwagenhändler geworden, das sagte ich schon. +++ Vorgestern ist etwas Großartiges im Leben eines jungen Vaters passiert: Die Gewordene kam abends nach Hause und wollte wissen, was wir den Tag lang so getrieben hätten. „Lustiges Füßchenspiel“, sagte ich – und aus der Erinnerung schlüpfte ich noch einmal in die verschiedenen Rollen und spielte das Spiel in seinem kompletten Dialogverlauf nach. Auftretende Personen: der kleine Otto, Ottos Füßchen („Rechts“ und „Links“), der dicke Walfisch, Helmut Kohl. Und als ich so meine Stimme verstellte, fing Otto plötzlich zum ersten Mal in seinem Leben an, aus vollstem Herzen zu lachen – am Ende lag dann die ganze kleine Familie unter dem Tisch. +++ Das interessiert Sie als Haifischkapitalisten da draußen natürlich nur herzlich wenig, das ist mir schon klar!

Überschrift inspired by: The Vagina Monoloques (Theaterstück) © Eve Ensler, 1995

Überschrift also inspired by: Aural Sculpture © The Stranglers, 1984

Textauszug aus: Kleiner Mann – was nun? (Roman) © Hans Fallada/Rowohlt Verlag, 1932

Hans Fallada (bürgerlich Rudolf Ditzen, *1893 in Greifswald, †1947 in Berlin), dt. Schriftsteller

Björn Höcke (*1972 in Lünen), dt. Politiker

Helmut Kohl (*1930 in Ludwigshafen, †2017 ebenda), dt. Bundeskanzler