Schwere See / Als die Bilder laufen lernten.

SCHWERE SEE © KAI VON KRÖCHER, 2018

Denn in dieser kleinen Blauen Stunde, die so selten ist / Fühlt man sich so glücklich, weil man da in fernen Welten ist. +++ Ursprünglich hatte der Post hier „Andrea Sawatzki“ heißen sollen, aber dann hätten Sie sich wieder gefragt. Sie hätten gedacht, was hat der Post hier heute mit Andrea Sawatzki zu tun. Manche von Ihnen hätten vielleicht gar nicht gewusst, wer Andrea Sawatzki überhaupt ist. Ich kenne auch Leute, die finden sie doof. +++ Der Post heute hier heißt nun in der Teilüberschrift „Schwere See“. +++ Soll ich Ihnen mal eine lustige Geschichte erzählen? Die Direktorin vom Neiße-Filmfest, Frau Staszel. Die kenne ich schon seit fast zwei Jahrzehnten. Auf ihrem Gartenfest im Sommer in Tempelhof sind wir uns nach langer Zeit wieder begegnet, und zu späterer Stunde meinte sie, im Herbst solle ich bitte fotografieren – wenn nämlich der Dellwo kommt. +++ Apropos ‚Fotos‘: Die Bilder der letzten Ausstellung im Kovac Flagship Store neulich, das war ja, als ich im Anschluss direkt Frischgebackener wurde. An dem Abend, man hat es mir sicherlich angemerkt. Ich war da sehr angespannt, und dann bin ich ja auch Hals über Kopf in den Kreißsaal. Jedenfalls ging die Ausstellung nur einen Abend, und am Ende bin ich dann halt einfach so abgehauen. Und ein paar Tage später, als ich zurück an den Ort des Geschehens kam, da war ich nicht nur Frischgebackener – da hingen auch alle Bilder noch wie am ersten Tag an der Wand. +++ Lange Rede, kurzer Sinn: Im Januar „geht“ die Ausstellung, wie wir Künstler so sagen. Ende Januar also, da geht sie komplett runter nach München. Nicht direkt Guggenheim, weil, München hat – soweit ich mich erinnere, hat München kein Guggenheim: Ich habe mir da etwas anderes einfallen lassen. +++ Jedenfalls standen wir da so auf dem Gartenfest, und im Herbst sollte ich also den Dellwo fotografieren. Bloß, wer war jetzt eigentlich „der Dellwo“ schon wieder?! Ich nämlich dachte an den Frankfurter Tatort-Kommissar Fritz Dellwo, gespielt von Jörg Schüttauf. +++ Also, ich fand das im Nachhinein lustig. +++ Die Bilder werden in München so eine Art Gastspielreise machen: Erst sind sie für einen Abend im Kooks zu sehen, das ist der Club des kanadischen Comedian und Filmemachers Matt Devereux. Something that Sticks, Sie erinnern sich – meiner Meinung nach ein kleines Juwel. Danach ziehen die Bilder dann für eine längere Verweildauer rüber in die Dreimühlenstraße, und zwar in das Tagträumer-Café. +++ Da sitzt übrigens oft, das bleibt jetzt aber mal unter uns: Mein grauhaariger Doppelgänger vom Tatort in München trinkt dort gern seinen Frühstückskaffee. +++ Nicht Batic, der Jugoslawe, sondern der Dings. +++ Wie auch immer, das Bild heute heißt „Schwere See“, in Wahrheit aber ist es der Alexanderplatz. Der war mir am Montag zur Blauen Stunde vor die Kamera gelaufen, um es mal scherzhaft auszudrücken. +++ Es gibt in Der Mann, der vom Himmel fiel diese Szene, wo er da auf das Bild mit dem Schiff im Sturm deutet und irgendwas sagt. Geht da irgendwie um einen geheimnisvollen „Besucher“, der in den Fluten versinkt – aber ich glaube, ich habe die Stelle nie richtig verstanden. +++ Der Schüttauf und die Sawatzki, die sollen sich ja übrigens nicht ausstehen können…

Überschrift inspired by: Schwere See © Element of Crime, 1993

Überschrift also inspired by: Mad Movies (dt. Als die Bilder laufen lernten) © Bob Monkhouse (Moderator), USA/GB 1965 – ’67

Lyrics: Eine Blaue Stunde © Greta Keller, ca. 1963

Andrea Sawatzki (*1963 in Kochel am See), dt. Schauspielerin, u.a. im Frankfurter Tatort

Jörg Schüttauf (*1961 in Karl-Marx-Stadt), dt. Schauspieler, u.a. im Frankfurter Tatort

Karl-Heinz Dellwo (*1952 in Opladen), ehem. Terrorist, heute Filmemacher und Gastwirt

Kooks | Geyerstraße 18 | 80469 München

Tagträumer | Dreimühlenstraße 17 | 80469 München

Something that Sticks (w/ James Devereux, Matt Devereux, Anabelle Lachatte u.a.) © James (Drehbuch/Regie) und Matt Devereux (Drehbuch), D 2006

Udo Wachtveitl (*1958 in Müchen-Pasing), dt. Schauspieler, u.a. im Münchner Tatort

The Man Who Fell to Earth (w/ David Bowie, Rip Torn, Candy Clark) © Nicolas Roeg (Regie), GB 1976

Une jeunesse allemande / Freitags ab eins macht Holger seins.

DIE SIEBEN KRISTALLKUGELN © KAI VON KRÖCHER, 2018

KROKODIL, VORFÜHRRAUM © KAI VON KRÖCHER, 2018

DAS HÄSSLICHSTE AUTO DER WELT © KAI VON KRÖCHER, 2018

FOYER, KROKODIL © KAI VON KRÖCHER, 2018

KARL-HEINZ DELLWO © KAI VON KRÖCHER, 2018

ULRIKE MEINHOF © KAI VON KRÖCHER, 2018

DELLWO © KAI VON KRÖCHER, 2018

IM SAAL GEHEN DIE LICHTER AN © KAI VON KRÖCHER, 2018

FACHGESPRÄCHE I © KAI VON KRÖCHER, 2018

FACHGESPRÄCHE II © KAI VON KRÖCHER, 2018

LUCIE, DER SCHRECKEN DER STRAßE © KAI VON KRÖCHER, 2018

WODKA © KAI VON KRÖCHER, 2018

LUCIE HOLLMANN (SCHAUSPIELERIN), OLA STASZEL (NEIßE FILMFESTIVAL) © KAI VON KRÖCHER, 2018

SCHÖNHAUSER ALLEE I © KAI VON KRÖCHER, 2018

SCHÖNHAUSER ALLEE II © KAI VON KRÖCHER, 2018

 

AM SOGENANNTEN RECHNER © KAI VON KRÖCHER, 2018

Sous mes doights t’emmènera vers de lointains au-delà. +++ Sie werden sich jetzt vielleicht wundern, aber Ulrike Meyfarth bin ich nur ein einziges Mal in meinem Leben begegnet. Sie war einen Kopf größer als ich, es war im Rahmen der Bewerbung als Austragungsort der olympischen Spiele 2000 – am Rande einer Fernsehsendung von Erich Böhme, Herbst ’93 im Hilton-Hotel an der Mohrenstraße. +++ Ich mag ein populistischer Dissident sein, aber um Gottes Willen nicht pubertär. +++ Mohrenstraße bleibt! +++ Morgen, am Dienstagabend, spielen die New Yorker And the Wiremen im Marie-Antoinette (und nicht im Regenbogen, wie fälschlicherweise von mir behauptet): Los geht’s, wenn der Schiri pfeift – vermutlich um acht. +++ Jedenfalls saß ich da so als Zuschauer in der Sendung von Erich Böhme, und für meinen Radiosender sollte ich ein paar Prominente befragen zur Olympiabewerbung Berlins. Wie die Sendung hieß, weiß ich nicht mehr, aber vom Sendeplatz her und den Quoten in etwa vergleichbar mit Anne Will. +++ Worauf will ich hinaus? +++ Im Kino Krokodil auf der Greifenhagener Straße Freitagnacht jedenfalls war es schön gewesen: Erst hatten sie Das hässlichste Auto der Welt gezeigt, eine anrührende Geschichte, wie eine 94jährige gemeinsam mit ihrem Sohn das Zwangsarbeitslager sucht, in das sie im Zweiten Weltkrieg nach Deutschland verschleppt worden war. Später die RAF-Dokumention Une jeunesse allemande, dazu sprach Karl-Heinz Dellwo im Anschluss ein paar kluge Worte. Leider kann ich nicht zuhören, während ich fotografiere, das ist ja bekannt. Ein sehr sympathischer Mensch jedenfalls. Hier im Blog vorher hatte ich ihn auf sein Vorleben als Terrorist reduziert, das ist halt sehr plakativ – seit seiner Haftentlassung macht er Filme, doch davon mal wieder kein Wort. +++ Kurz vor der Fernsehsendung mit Erich Böhme hatte ich dreihundert Kilometer entfernt, „drüben in Westdeutschland“. Jedenfalls hatte ich eine Frau kennengelernt, die sollte tatsächlich meine langjährigste Beziehung werden. Doch jetzt war sie zum ersten Mal zu Besuch in Berlin. Ich nahm sie mit in die Sendung, und während die halbe Nation zu Haus vor den Bildschirmen saß, hatte sie damals, drüben in Westdeutschland, noch einen Mann, der sollte die Sendung vielleicht besser nicht sehen! +++ Ich ging mit dem Mikrofon meines Privatsenders in der Hand also zu Ulrike Meyfarth und sagte: „Frau Meyfarth, können Sie mir ein paar Gedanken zum Thema Berlin und Olympia … „, da schnauzte sie mich erst einmal an, sie hieße gefälligst Nasse-Meyfarth, pipapo, was für ein dämlicher Name – Freunde sind wir an dem Abend nicht mehr geworden. +++ Die U-Bahn jedenfalls nach dem Kino war ganz schön voll, das wunderte mich. Es ging ja nun locker auf zwei zu, und alle hatten Bierflaschen in der Hand. Irgendwann wurde ein Platz neben mir frei, und eine junge Italienerin setzte sich zu mir. Nach einer Weile sagte sie: „Schöne Kamera“, und ich erzählte ihr von Karl-Heinz Dellwo, der sei sehr sympathisch gewesen. Mit der RAF kannte sie sich erstaunlich gut aus, und erst am Kottbusser Tor schaute ich wieder auf: „Oh, tut mir leid – hier muss ich raus!“ +++ Da musste ich direkt mal an Tim und Struppis Kristallkugeln denken, ich elender Kindskopf.

Überschrift inspired by: Une jeunesse allemande (Dokumentation) mit Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Holger Meins, Horst Mahler, Gudrun Ensslin © Jean-Gabriel Périot (Réalisation), F 2015

Überschrift also inspired by: Holger Meins (* 1941 in Hamburg, † 1974 in Wittlich), deutscher Terrorist und früherer Filmemacher

Lyrics: La décadanse © Serge Gainsbourg feat. Jane Birkin, 1971 

Ulrike Nasse-Meyfarth (* 1956 in Frankfurt/M.), deutsche Hochspringerin und zweifache Olympiasiegerin

Talk im Turm (politische Talkshow, u.a. mit Erich Böhme) © Sat.1, D 1990 bis ’99

Night Cracks Harbour © And the Wiremen, vorauss. 2019

Marie-Antoinette | Holzmarktstraße 15 – 18 | Mitte

Kino Krokodil | Greifenhagener Straße 32 | Prenzlauer Berg

Das hässlichste Auto der Welt © Grzegorz Szczepaniak (Regie), PL 2017

Karl-Heinz Dellwo (* 1952 in Opladen), ehemaliger RAF-Terrorist und jetziger Filmemacher, Verleger und Gastwirt

Ulrike Meinhof (* 1943 in Oldenburg, † 1976 in Stuttgart-Stammheim), deutsche Journalistin und Terroristin

Neiße Filmfestival (NFF), zeigt im deutsch-polnisch-tschechischen Ländereck Filme aus Osteuropa (seit 2004)

Ola Staszel | Programm- und Festivaldirektorin | Neiße Filmfestival

Lucie Hollmann (* 1993 in Berlin), dt. Schauspielerin, u.a. in LOMO – The Language of Many Others, D 2017

Luzie, der Schrecken der Straße (sechsteilige Fernseh-Kinderserie) © Ota Hofman/Jindrich Polák (Idee), BRD/CSSR 1980

Tintin – Les sept boules de cristal © Hergé, 1948