Boum / Die Straßen von San Francisco.

Fiktives Vinyl: Florence Przybylski – Der Tod ist immer auch ein Abschied © Kai von Kröcher, 2015/2022

 

Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück. +++ Vermutlich werde ich Ihnen jetzt noch eine ganze Weile auf den Geist gehen mit meinem desperativen Windmühlenkampf gegen die Baureihe 483/484, und zu Recht werden Sie fragen: Was hat er bloß immer mit seiner Baureihe 483/484?! +++ „Die Kabarettistin Lisa Eckhart hat einen wilden Paris-Roman geschrieben, der beim besten Willen nicht zu verstehen ist“, schreibt die Wochenzeitung Die Zeit. Wild ist doch schon mal gut, und verstehen tun sowieso meistens die Leute eh nur die Hälfte. Nein, ohne Quatsch – immer mal wieder wird man gefragt: „DJ Kröch, meinst du das ernst mit der Lisa Eckhart, dass du die scharf findest? Oder ist das ironisch gemeint?“ Um jetzt ganz ehrlich zu sein, ich kann Ihnen die Frage nicht beantworten – aber gebunden oder als Hörbuch: den Roman dürfen Sie mir gerne zu Weihnachten schenken. +++ Als erstes Medium überhaupt hier die Platte Der Tod ist immer auch ein Abschied öffentlich präsentieren zu dürfen, da muss ich schon sagen! Florence Przybylski zählt insgeheim eh zu meinen Lieblingen in der Sparte deutscher Candy-Dance-Pop. Allein schon der Titel in seiner modernen Schreibweise ohne Vokale. Dr Td st mmr ch n bschd – ein bisschen wie bei Loriot der Sketsch mit dem Hund: Ihr Hund kann gar nicht sprechen. Die berechtigte Frage hier natürlich, hätte konsequenterweise die Interpretin nicht ebenfalls auf ihre Kosmonauten beschränkt werden müssen? Ich sage Ihnen jetzt etwas ganz im Vertrauen: Ich mag es nicht, wenn Menschen auf eine einzige Sache reduziert werden, das lenkt vom Eigentlichen ab! Florence Przybylski zum Beispiel ist das, was wir alten weißen Männer früher „eine Granate“ genannt hätten – stattdessen zeigt sie auf ihrem Cover einen überfahrenen Fuchs. +++ Okay, was ich zu „meiner“ Baureihe 483/484 noch sagen wollte, da bin ich echt penetrant. Erinnern Sie sich, wie Til Schweiger damals dem Tatort im Ersten ein neues Outfit verpassen wollte? Nach dreihundert Millionen von Jahren den Vorspann abändern, eine ganz neue Titelmelodie. Obwohl, wie wir (fast alle) wissen, Udo Lindenberg damals da Schlagzeug gespielt hat. Das wollte außer Til Schweiger natürlich kein Mensch, und so ist es bei der alten Musike geblieben. Oder stellen Sie sich vor, irgendein Depp sagt, geil, die amerikanischen Polizeiautosirenen sind doch viel cooler als unsere hausbackenen deutschen – die kennt man sogar aus dem Fernsehen! +++ Baureihe 483/484 (Abfahrtsignal) – FUCK OFF!

 

Überschrift inspired by: Boum (Roman) © Lisa Eckhard, 2022 (Hanser)

Überschrift also inspired by: Die Straßen von San Francisco (The Streets of San Francisco, Fernsehserie mit Karl Malden, Michael Douglas) © ABC, USA 1972 – 1977 

Lyrics: Irgendwo auf der Welt © Comedian Harmonists, 1932 (M: Werner Richard Heymann, T: Robert Gilbert)

Anämische Boomer / Warum, in Gottes Namen, denn nicht.

Fiktives Vinyl: Soldaten – Mike © Kai von Kröcher, 2008/2022

 

Now, Halloween Jack is a real cool cat, he lives on top of Manhattan Chase. +++ Das Internet vergisst und vergibt nicht – hier deshalb ein weiteres Geständnis. Der Tag war geprägt gestern von spontaneren Eingebungen. So bin ich am Nachmittag zum Beispiel ins Kino. Einen dieser Filme von der Liste abarbeiten, auf der sie alle sich türmen: Die Streifen, die jeder gesehen haben muss und natürlich auch hat. Die ständig einer irgendwo mal zitiert. Meine Achillesferse, der verschämte Blick auf den Boden. +++ Draußen schien noch die Sonne, drinnen im Babylon Mitte aber drängte die Menge in den Saal mit der Orgel. Dem Kartenabreißer hielt ich freundlich die Karte hin. Schmaler Typ mit schmalem Oberlippenbart oder so, Mitte zwanzig vielleicht, prüfender Blick: „Sie wollen sich auch Blade Runner ansehen?“ +++ Den ganzen Film über musste ich irgendwie an diesen Halloween Jack denken, der da auf dem Dach der Chase-Manhattan-Bank lebt – und weil der Fahrstuhl kaputt ist, lässt er sich die hundertzwanzig Stockwerke immer an einem Seil hinab. Ich fragte mich, was der Kartenabreißer gemeint hatte, als er da sagte: „Sie wollen sich auch Blade Runner ansehen?“ +++ Zurück auf der Straße, saßen wir schon mitten in der Blauen Stunde gefangen. Ich war froh, wenigstens goss es nicht in wie aus Eimern. +++ Das Album Mike der Gruppe Soldaten ist ein dystopisches Brett – hätte den perfekten Soundtrack abgegeben zum Blade Runner!

 

Überschrift inspired by: Anämische Boomer (Schlagzeile) © Anna Mayr/Die Zeit, 26.09.2022

Überschrift also inspired by: Babylon | Rosa-Luxemburg-Str. 30 | Berlin-Mitte

Lyrics: Diamond Dogs © David Bowie, 1974

Blade Runner (mit Harrison Ford) © Ridley Scott (Regie), USA/HK 1982