Mitropa / taz lügt.

40 YEARS JUST FOR ONE DAY © Henrik Drescher, 2018

Ich sehe dich nicht in dieser Welt, hier spuckst du kein Feuer aus, hier gehörst du nicht hin – hör‘ auf damit und sei wo ich bin. +++ Kurz vor dem Aufstehen heute hatte ich einen Traum, das kennt man ja schon: Jemand hatte mir einen Job zugeschanzt, einen Artikel sollte ich schreiben für die taz. Das Café M feierte irgendein Jubiläum, und mich hielten sie aus irgendeinem Grund für den richtigen Mann. Ausgerechnet. Dabei, und das ging mir schon während des Schlafens durch den Kopf. Jedenfalls gehörte ich ja noch nicht einmal – ich kam ja so spät nach Berlin. Ich konnte den Laden ja noch nicht einmal „Mitropa“ nennen wie die richtigen Insider. Ich wäre mir regelrecht blöd dabei vorgekommen. Und so saß ich im Traum an einem Tisch voller Leute – überall Bierfützen, dass der Kugelschreiber kaum noch schrieb. Ich kratzte Sätze ins feuchte Papier. +++ „Ironie ist die Wahrheit der Gehemmten“, dachte ich neulich still vor mich hin – kann aber auch Unfug sein. Weil, im letzten Post wusste man zum Schluss gar nicht mehr, was war nun ernstgemeint und was nicht. +++ Das Foto im letzten Post fand ich echt nicht so gut. +++ Vielleicht sollten Sie einfach zu unserer Ausstellung kommen am Freitag: Wenn Sie gute Bilder sehen wollen, sind Sie dort genau richtig. Danke an Henrik Drescher für die Gestaltung der Einladungskarte! +++ Jedenfalls saß ich da an diesem Tisch, und das M war echt proppenvoll. Sah allerdings eher aus wie eine urige Bauernpinte. Mir fielen echt gute Sätze ein. Und weil ich kein Insider der frühen Stunde war, musste ich bluffen: Zum Beispiel schrieb ich dann, und das habe ich mir nicht einmal ausgedacht. Weder jetzt noch im Traum. Doppelt wahr, sozusagen. Ich schrieb, dass in meiner Stammdiskothek in Braunschweig früher, und ich kann nicht mal mehr sagen, wie wir das nannten: „Diskothek“ haben wir ganz bestimmt nicht gesagt, darauf verwette ich meinen Arm. Aber „Club“ gab es ja im Prinzip damals auch noch nicht. Ein Ort ohne Bezeichnung. Jedenfalls hatte es da mal einen Abend gegeben, da stand einer neben mir, der sah aus wie Toni Schumacher. Und das Ding war, dass an dem Tag ohne Quatsch Eintracht Braunschweig gegen den 1. FC Köln gespielt hatte. Ich glaube, ich war da sogar im Stadion gewesen, das war, glaube ich, damals null zu null ausgegangen. Und dann stehe ich da später in meinem coolen Stammladen in Braunschweig und Toni Schumacher steht neben mir und nuckelt an seinem Bier, ganz allein. +++ Aber warum?

 

Überschrift inspiriert durch: Café M | Goltzstraße | Schöneberg

Überschrift ferner inspiriert durch: taz | Rudi-Dutschke-Straße | Kreuzberg

Lyrics: Kamchatka © Fee Reega, 2014

40 Years – Just For One Day | Kargar & Kröcher | Ausstellung | Kovac Flagship | Ohlauer Str. 31 | Freitag, 19:00 Uhr