Found my name in the graveyard, says you’ve looked insane. +++ Mein Rechtschreibprogramm kennt Dieter Nuhr nicht. +++ Puh, gestern Abend lief erst so ein Fernsehdrama um Kindesmisshandlung im ZDF, anschließend eine Reportage dazu. Einigermaßen deprimiert saß ich im Sessel und war wenigstens froh, dass es bei uns zu Haus genau andersrum läuft: Otto nämlich neigt zu häuslicher Gewalt gegen seine Eltern, spontan schiebt er mir manchmal den gestreckten Finger durch eines der Nasenlöcher bis hoch ins Gehirn – schreie ich auf, halb wahnsinnig vor Schmerz, überschüttet er mich auch schon mit einem sadistischen Lachen. +++ Heute endlich mal wieder Herbstfotos – wenn ich also der Anton Bruckner der Fotografie bin, jetzt habe ich wieder den Faden verloren. Wenn Dieter Nuhr der Friedrich Merz des Kabaretts ist, dann wäre ich im Gegenzug gern der Dieter Nuhr der Fotografie. Leider komme ich da etwas zu spät: Der Dieter Nuhr nämlich ist selbst schon der Dieter Nuhr der Fotografie – seine Bilder hängen zum Beispiel in einer Gladbacher Bank. +++ Jedenfalls steht Otto eher auf knorrige Musik: Als wir gestern vom herbstlichen Nachmittagsspaziergang zurückkamen, befahl er am Küchentisch wieder sofort, dass ich das Radio anstelle, er ist da sehr streng. Streng – aber mit Herz! Es lief gerade ein Song, wo ich erst dachte, das sei vielleicht eine verzerrtere Ausgabe der Frau von Lance Armstrong. +++ Das war das einzige Mal übrigens in dem Jahr damals, dass ich mir leidenschaftlich immer die Tour de France angesehen habe. Ich hasse das eigentlich, nachmittags vorm Fernseher zu sitzen und mir irgendeinen Sportmist anzugucken, aber dieses legendäre Duell mit Jan „Ulle“ Ullrich gegen Lance Armstrong – wo Lance Armstrong irgendwo bei so ’ner Bergetappe kurz vor Schluß bei irgendeinem Idioten am Straßenrand mit dem Lenker in der Einkaufstasche hängen bleibt und sich voll auf die Klappe legt mit blutenden Knien. Und Ulle, der alte Drogist, der bis dahin geführt hat – Ulle hält an und wartet auf Armstrong, und Armstrong streckt ihm humorlos die Zunge raus und zieht schnurstracks an ihm vorbei und gewinnt die Tour zum einundachtzigsten Mal. +++ Im Radio jedenfalls, da musste ich nachsehen: Das war der Song einer jungen Frau namens Pip Blom, Otto geriet förmlich außer Rand und Band – The Shed hieß der, der ist wirklich nicht schlecht…
Überschrift inspired by: Stumme Schreie (Fernsehdrama) © Johannes Fabrick (Regie)/ZDF, D 2019
Überschrift also inspired by: Dieter Nuhr (*1960 in Wesel), Kabarettist und Komiker
Lyrics: The Shed © Pip Blom, 2018
Anton Bruckner (*1824 in Ansfelden/Oberösterreich; † 1896 in Wien), österreichischer Komponist der Romantik
Friedrich Merz (*1955 in Brilon), dt Lobbyist
Lance Armstrong (*1971 in Plano/Texas), Ehemann von Sheryl Crow
Jan Ullrich (*1973 in Rostock), dt. Radrennfahrer