Jimmy Naked / Sorry seems to be.

Deep Fuck Records: Jimmy Naked – Babylon (Rough Trade) © Kai von Kröcher, 2015/2021

 

Sometimes we sway, couldn’t have it any other way. +++ Von dem Ort auf dem Cover (oben) hatte ich schon erzählt – einige Jahre ist das jetzt her, dass ich davon erzählte. +++ Im Internet vorhin bin ich durch Zufall über den englischen Ausdruck ‚Assassination‘ gestolpert – im Internet findet man eh immer viel. Aber kann es sein, dass es im Deutschen dafür kein, äh, keine Entsprechung gibt? +++ In aller Form muss bzw. möchte ich mich heute beim Tagesspiegel entschuldigen, war mir doch gleich merkwürdig erschienen: Natürlich haben auch die (Der Tagesspiegel/Anm.d.Red.) Vollhirne unter ihrer Leserschaft, aber dieser geballte Hass da neulich kurz vor dem Einschlafen. Ich hatte dann übrigens tatsächlich davon geträumt, ich zähle mich selbst ja zu den Hochsensiblen. Alles was ich davon allerdings noch vor Augen habe, ich sitze im Auto, alles wirkt sehr Amerikanisch: die Straße, die Bordsteine, die Farben, das Cockpit. Und ich ringe mit der Entscheidung, ob ich nicht auch einen Leserbrief schreiben soll: Dass die Baerbock nämlich keinem deutschen Autofahrer den Schwanz abschneiden und ihn auf ein Lastenfahrrad zwingen wird. Warum auch sollte sie das tun? Als Außenministerin – noch im Traum entschied ich mich dann doch gegen den Leserbrief. +++ Soll ich die Geschichte noch einmal erzählen, wie ich die Einladung zum Vorstellungsgespräch da oben hatte – ’93 wird das gewesen sein. Sie werden jetzt vielleicht sagen, na, da sieht’s vielleicht aus – da würde ich nicht mal für vierunddreißigfünfzig die Stunde arbeiten. Aber zu der Zeit war das da oben der Radiosender Fritz!, die saßen eine zeitlang, bevor sie nach Babelsberg umzogen. Da saßen sie Funkhaus Nalepastraße, drüben in Oberschöneweide. Die ganze Gegend hinter dem Kohlekraftwerk tatsächlich eine veritable Oberschweineöde, wie man so sagt, eine post-stalinistische Vorhölle. Ein verregneter Herbsttag, doch bei der Verabschiedung hatte Helmut Lehnert mir noch halb hinterhergerufen, bis bald, oder so. Helmut Lehnert, Sie wissen es, Chefredakteur, oder was der damals da war. +++ Jedenfalls, weshalb ich mich beim Tagesspiegel entschuldigen muss (oder will): Diese 182 übelsten Hass-Kommentare, die waren nicht direkt in der Zeitung abgedruckt – die hatten bei Facebook unter dem betreffenden Tagesspiegel-Artikel gestanden, mir hatte das ohne Quatsch Angst gemacht. +++ Links, schräg im Rücken des Fotografen (außerhalb des Bildes, wenn Sie verstehen) sind ja heute noch private Tonstudios drin, zu der Zeit war dort die Kantine. Meine damalige Freundin hatte da auf mich gewartet. Als ich zurück kam, werde ich so was gesagt haben wie: „Ich glaube, das haut hin!“ +++ Wahrscheinlich fragen Sie sich, was hat er denn immer mit seiner Frau Baerbock. Also, erstens ist das nicht meine Frau Baerbock. Und zweitens weiß ich auch nicht, ob sie ihren Job gut machen wird oder halt schlecht. Vielleicht wird sie sogar böse scheitern, von Putin nackt über den Dorfplatz gezerrt. Vielleicht aber auch nicht, wozu also der Hass? So etwas habe ich – korrigieren Sie mich –, so etwas habe ich als derart geballte Hetze noch bei keinem Politiker, keiner Politikerin erlebt – nicht mal bei Merkel! +++ Höchstens vielleicht „drüben“, zu besten Trumpzeiten. +++ Lange Rede, kurzer Sinn: Irgendwann, Tage später, Wochen, wahrscheinlich. Kam ein Anruf, damals noch auf dem Festnetz. Täte ihnen sehr leid, die Sache mit uns würde nun doch erstmal nicht klappen, sie hätten da jetzt so eine Ost/West-Quote eingeführt, und erst einmal seien jetzt die aus dem Osten dran. Ich hab mich natürlich geärgert, wahrscheinlich war ich enttäuscht. Aber ich habe das große Ganze gesehen, und das sollten Sie ganz entspannt auch immer tun – und schreiben Sie keine Leserbriefe!

 

Überschrift inspired by: Babylon © Jimmy Naked, 2021

Überschrift also inspired by: Sorry Seems to Be the Hardest Word © Elton John, 1976

Lyrics: Garden © Dinosaur Jr., 2021

Funkhaus Nalepastraße: Gebäudekomplex in Köpenick-Treptow, von 1956 – 1990 Sitz des Rundfunks der DDR

Fritz: Jugendsender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), gegr. 1. März 1993